Kino

Personal Shopper

Weltkino · 19. Januar

Der ungeplante Film

Nach sehr unterschiedlichen Werken meldet sich Regisseur Olivier Assayas mit „Personal Shopper“ zurück, der halb Charakterstudie, halb Thriller ist.

Eigentlich wollte der Franzose nach seinem gefeierten Drama „Die Wolken von Sils Maria“ einmal mehr einen Richtungswechsel einschlagen: Zurück zu seinen Vorlieben und gleichzeitig weiter in internationale Gefilde hinaus als je zuvor. Doch unmittelbar vor Drehbeginn platzte Ende 2014 die Finanzierung für den starbesetzten Gangsterfilm „Idol’s Eye“. „Eine Erfahrung, die ich nicht einmal meinem ärgsten Feind wünschen würde“, erinnert sich Assayas anderthalb Jahre später, noch immer sichtlich aufgewühlt. Doch der Regisseur machte aus der Not eine Tugend. „Eine Woche später saß ich wieder in Paris und überlegte, was als nächstes kommen könnte. Ich suchte nach etwas, das mir meine Energie zurückgeben würde“, berichtet er. „Außerdem sollte es etwas Wildes sein, das ich schon länger nicht mehr gemacht hatte: eine moderne Geschichte, die im heutigen Paris spielt.“ Mit dem Ergebnis versucht sich Assayas nun an einer ungewöhnlichen Mischung. Seine von Kristen Stewart gespielte Protagonistin steht mit einem Bein in der Mode- und mit dem anderen in einer Geisterwelt. „Mir geht es um die wachsende Spannung, der wir in unserer Gesellschaft ausgesetzt sind“, erklärt Assayas. „Einerseits ist da dieser exzessive Materialismus, der uns von jeglicher Spiritualität abschneidet. Andererseits müssen wir uns – wie Maureen im Film – mit elementaren Emotionen wie der Trauer auseinandersetzen und wissen nicht mehr, wie wir damit umgehen sollen.“ Auch Stewart selbst hat entscheidenden Anteil an der Existenz des Films. „Ohne Kristen hätte ich die Story nicht geschrieben. Sie war eindeutig meine Inspiration, und niemand anderes hätte die Rolle spielen können“, meint der Regisseur, der die Amerikanerin zum zweiten Mal in Folge besetzte. „Sie ist eine der mutigsten Schauspielerinnen, die ich kenne. Sie sträubt sich gegen alle Hollywood-Regeln und spielt keine Spielchen. Sie ist wirklich ein Freigeist. Davon gibt es heutzutage nicht mehr sonderlich viele.“ Ob sie auch in seinem nächsten Film mit von der Partie sein wird, dazu macht Assayas lieber keine Aussage. Schließlich hat er am eigenen Leib erlebt, dass ein Projekt frühestens dann in trockenen Tüchern ist, wenn die Kamera läuft. Doch zumindest der Branchenpresse ist zu entnehmen, dass „Idol’s Eye“ doch noch Wirklichkeit werden könnte: mit Sylvester Stallone, Rachel Weisz und niemand anderem als Stewarts Ex- „Twilight“-Partner Robert Pattinson in den Hauptrollen.

Patrick Heidmann

Unser Fazit: Kristen Stewart ist das große Ass im Ärmel von „Personal Shopper“. Ihre eigenwillig-interessante Performance trägt Oliver Assayas Geschichte einer jungen Frau, die in Paris für einen zickigen Promi arbeitet und nebenbei dem Geist ihres verstorbenen Zwillingsbruders nachspürt, und verleiht ihr eine einzigartige Aura. Trotz einiger zu geschwätziger Passagen ein sehenswerter Film, der sich klaren Genregrenzen entzieht.