Musik

Malky

Where Is Piemont

Columbia / Sony · 28. Oktober

Wie er da so sitzt, der Sänger von Malky, und mit zusammengekniffenen Augen durch die Gegend linst, könnte er eine tragende Rolle bei den „Sopranos“ problemlos ausfüllen. Der aus Mannheim stammende Frontmann Daniel Stoyanov schätzt diese etwas halbseiden wirkende Lässigkeit, die Frank Sinatra ebenso zu eigen war wie dem Capo einer italienischen Großfamilie. Dementsprechend redet er auch. Mit einer Stimme kurz vor dem Flüstern. Mit Sätzen, die sich nicht immer sofort erschließen, sondern in ihrer Mehrdeutigkeit erst langsam in die Wahrnehmung sickern. Etwa, wenn man ihn auf sein gutes Aussehen anspricht und fragt, ob ihm häufiger passiert, was man am Abend vorher vor seinem Konzert beim Reeperbahn Festival häufiger hörte: „Ist das nicht dieser bildhübsche Kerl mit dem Mainstream- Soulpop?“ Beides stumpfe Vorurteile, das zweite davon auch noch grundlegend falsch. Stoyanov antwortet: „Es gibt eine Ebene, die ich noch zu verstehen versuche, und es ist schwer zu erklären, weil es rein spekulativ ist, aber ich habe den Eindruck, man zieht mich gern auf so eine Latin-Lover- Schiene. Als wäre ich der klischeehafte Frauenheld und Superhengst. Dabei ist das alles sehr authentisch – eben tatsächlich echte Liebe. Das gibt es bei uns auch, aber dann hat man auch wieder den Teil im Publikum, der lieber den Typus des schüchternen Barden sehen will. Das alles ist wohl ein Ausdruck der Frage, was zwischen den Zeilen steckt, und das finde ich sogar gut so.“ Die Frage nach den Feinheiten zwischen den Zeilen beflügelt auch die Gedanken beim Hören von Malkys mittlerweile zweitem Album. Gemeinsam mit seinem Keyboarder und Produzenten-Partner Michael Vajna schrieb Stoyanov weitab von der Zivilisation auf dem Land zwischen Leipzig und Berlin griffige und doch sehr individuelle Songs. Das Duo ließ allerlei Einflüsse erst wirken und dann außen vor – um mit einem Album zu reüssieren, das Songwriter-Schlichtheit mit europäischer Folklore, Adriano-Celentano-Slickness, Orchester-Grandezza und Las-Vegas-Lässigkeit kombiniert. Doch alles in allem „hat bei uns die Einsicht gewonnen, dass Simplizität einen guten Song regiert“, sagt Stoyanov. „Ja, wir hatten jetzt all diese Möglichkeiten, und viele Songs haben eine große Schleife genommen, aber am Ende muss das Stück so zu einem sprechen, wie man es sich in seinen Träumen vorgestellt hat. Was das angeht, waren wir sehr streng mit uns. Kill your darlings!“

Unser Fazit: Was live eher wie eine lässig aus der Hüfte schießende, tanzbar groovende Soulband mit Bläsersektion wirkt, klingt im Studio deutlich zurückgenommener. Die Einflüsse auf „Where Is Piemont“ sind zahlreich, doch stets gekonnt und stilvoll zu etwas Eigenem verschmolzen. Um das Album in Ruhe zu genießen, empfehlen Malky eine toskanische Veranda bei Sonnenuntergang, begleitet von einem guten Whisky. Besser kann man es kaum beschreiben.

Sascha Krüger