Musik

Laith Al-Deen

Bleib unterwegs

Sony · 15. Juli

Es gibt diesen einen Moment im tropischen Themen- und Erlebnisbad, in dem man wider besseren Wissens die Künstlichkeit der Kulisse vergisst und mit kindlicher Freude die Illusion genießt. Palmen, Strand, Höhlen? Herrlich! Die Musik von Laith Al-Deen ist das tropische Themenbad des Pop. Hört der Verstand diese Lieder zwischen naidooeskem Soul, samtenem Radiopop, einem Häppchen Funk und einem ganz behutsamen Schuss Elektronik, erkennt er, in der Erlebnisbadmetapher gesprochen, die Kulisse. Er sieht, aus welchen Versatzstücken professioneller Pop-Produktion und bewusster Kniffe beim Songwriting diese Musik gestrickt ist. Al-Deen arbeitet mit Co-Songwritern, Handwerkern, Dienstleistern. Manchmal hört man deren persönliche Handschrift auf erstaunliche Weise heraus. Der Melodiebogen des besten Stücks „Heimathafen“ hat eine klare Färbung und Entschlossenheit. Man muss ihn nicht mögen, doch er sticht heraus. Ein wenig Peter Maffay schwingt in ihm mit, auch wenn der Urheber Gregor Meyle heißt. Wahrscheinlich hat dieser in seinem Leben viel von dem erfolgreichsten deutschen Sänger gehört. „Heimathafen“ geht den Weg zu Ende, den Musik für die Mitte der Straße gehen sollte. Es erlaubt sich Pathos, Drama und die große Geste. Viele andere Lieder plätschern dagegen zu gesichtslos vor sich hin, bekommen allerdings durchaus immer wieder Auftrieb durch Al-Deens Stimme, deren Wärme und Kraft einen hier und da gegen den eigenen erklärten Willen erobert. Für Inspirationen zu den Texten befragte der Musiker auch seine Fans auf Facebook und verarbeitete die Antworten und Anregungen in diversen Versen. Alles in allem entsteht dabei ein Album, das immer dann funktioniert, wenn man einfach vergisst, dass die Palmen und der Strand bewusst platziert wurden und die Kulisse einfach unschuldig genießt.

Sebastian Alt