Musik

Album der Woche

Jesper Munk • Favourite Stranger

Foto: Puria Safahr

Als Straßenmusiker wurde er entdeckt, später fand er zum Blues und nun zu feinem Blue-Eyed-Soul: Jesper Munk ist mit 25 bereits ein großer Songwriter

MunkCoverJesper Munk steht vor seinem Proberaum und raucht. Lachend entschuldigt er sich für die Verspätung. „Ich wusste ja eigentlich, dass gleich ein Interview ansteht“, sagt der Gitarrist und Sänger. „Aber die Probe lief so gut und plötzlich war eine Stunde vorbei.“ Einem Instinktmusiker wie Munk, von der Presse schon einmal als „Bluesrock-Wunderknabe“ bezeichnet, verzeiht man die Verzögerung unter solchen Umständen gerne. Der Mann, der demnächst seinen 26. Geburtstag feiert, bereitet sich in Berlin auf die anstehende Tour vor. Wochen bevor Munks neues Album erscheint, stellt er es bereits in ausgewählten deutschen Städten vor. „Favourite Stranger“ ist eine Emanzipation im doppelten Sinne: krachender Blues und riffbasierter Rock ist nun passé, genau wie das Leben in der Heimatstadt München. Jesper Munk hat sich von seinem Vater gelöst, der den Sohn lange gefördert und als Musiker unterstützt hat. An der Spree hat Munk zu einem wunderbar sensiblen Blue-Eyed-Soul gefunden, aufgenommen mit einer internationalen Band, mit der er auch die Musik komponierte. Bei zwei Songs schrieb der franko-kanadische Produzent Mocky (Feist, Jamie Lidell) mit. Eine gewisse französische Leichtigkeit ist diesen zehn Songs nicht abzusprechen: die Kunst, einem traurigen Song mit der richtigen Kombination von Streichern und Piano Nonchalance und Anmut zu verleihen. „Das Album ist definitiv souliger und poppiger als zuvor, und obendrein anspruchsvoller“, sagt Munk. „Viele Songs in den Charts bestehen aus so vielen Spuren, dass man kaum noch die einzelnen Instrumente ausmachen kann. Bei uns hat jeder Synthesizer und jedes Glockenspiel seine Rolle.“ Ein bisschen süße Achtziger-Nostalgie kommt in „Cruel Love“ auf, ein sehnsuchtsvolles Duett mit Larissa Herden alias Lary, Munks Ex-Freundin. „Sie war eine riesige Inspiration, es ist eigentlich ihr Album.“ Mehr muss der Sänger zu dieser privaten Angelegenheit nicht sagen, der Text spricht für sich: „You promised to try, but it’s not the same.“ Bleibt die Frage nach dem Schriftzug auf seiner Brust, der in manchen Videos aufblitzt. Warum er sich dort „Thanks for the Jazz“ hat eintätowieren lassen? „Jazz kommt von ‚jazzy‘, was eigentlich ‚crazy‘ heißt. Ich denke da an die unnormalen Dinge, die man im Kopf hat. Aber dort passiert eben die Magie! Es ist auch ein Tribut an all die verrückten Leute, die ich schon in meinem Leben getroffen habe.“

FAZIT: Dass Jesper Munk ein erstaunlicher Gitarrist ist, wussten Aufmerksame bereits. Nun etabliert sich der in München Aufgewachsene als ernsthafter Komponist und Sänger melancholischer Songs erster Güte. Ob allein am Klavier (“Deeper into Care”), mit lässigem Motown-Beat (“Happy When I’m Blue”) oder einem Hauch von Gospel (“Slow Down”) – dies sind erstaunlich reife Songs zwischen Leonard Cohen und Prince, die die Funkyness nie vergessen. Grandios.

Jan Paersch