Musik

Foto: Josephine Leddet

Liebes Tourtagebuch

2022 veröffentlichten King Hannah ihr viel gelobtes Debüt.Hannah Merrick und Craig Whittle über den Nachfolger, der von ihren Reisen geprägt ist.

Hannah Merrick und Craig Whittle, wie haben Sie sich selbst auf den Reisen während des Albumprozesses neu kennengelernt?

Craig Whittle: Dadurch, dass wir zu viert in den letzten zwei Jahren knapp 200 Shows absolviert haben, sind wir jetzt viel eingespielter. Genau das wollten wir auch auf dem Album demonstrieren.

Hannah Merrick: Und es gibt jetzt deutlich weniger Details, die wir nur des Hinzufügens wegen hinzufügen.

In der Mitte des Albums stehen die beiden sehr langen Songs »Suddenly, Your Hand« und »Somewhere Near El Paso«. Was bedeuten sie Ihnen?

Hannah Merrick: Wir lieben sie. »Suddenly« dreht sich um gemeinsame Persönlichkeitsmerkmale verschiedener Serienkiller aus Dokumentationen, die wir während des Reisens geschaut haben. In »Somewhere« geht es um ein Motel in Philadelphia. All das abgebildet in sehr alltäglichen Beschreibungen.

Craig Whittle: Die längeren Songs sind auch live unsere Lieblinge. Es war uns wichtig, diese Momente auf Platte zu bekommen, weil sie den Leute nach unseren Konzerten im Gedächtnis bleiben. Um erfolgreich zu sein, braucht es aber auch kürzere Songs. Sonst würden wir wohl ausschließlich 7- bis 8-Minüter schreiben.

Sharon van Etten hat gleich zwei Gastauftritte auf dem Album. Wie kam es dazu?

Hannah Merrick: Wir hatten uns vor ein paar Jahren digital über unsere Debütsingle »Crème Brûlée « kennengelernt und ihr dieses Mal ein paar Demos rübergeschickt. »Big Swimmer« und »This Wasn't Intentional« waren die Songs, zu denen sie die engste Bindung gespürt hatte. Sie hat uns dann ihre Songspuren, die sie in ihrer Garage aufgenommen hat, zugeschickt. Und wir haben die Audios direkt geliebt.

Craig Whittle: Wir waren Fans von ihr, seit wir beide uns kennen. Daher fühlt es sich wirklich bizarr an, dass sie nun ein Teil unserer Musik ist.

Jetzt, wo Sie so große Fans vom Tourleben sind – glauben Sie, dass sich diese Platte live anders anfühlen wird als die erste?

Craig Whittle: Wir haben das Album schon mit dem Liveset im Kopf geschrieben, denn was uns bisher im Set gefehlt hatte, war definitiv Tempo. Diese psychedelischen Sphären, in denen wir einfach jammen, gab es schon. Aber wir wollten auch Energie – vor allem für Festivals. Wir lieben Acts wie Built to Spill oder Courtney Barnett und wollten unsere eigenen Momente haben, in denen wir diesen Drive spüren können.

King Hannah
Big Swimmer
City Slang• 31. Mai

Das Tourleben hat also seine Spuren hinterlassen: »Big Swimmer« lädt zum entspannten Roadtrip ein, der zwischen den Zeilen auch düstere Momente hat. Behutsam fahren Craig Whittle und Hannah Merrick mit ihrem Finger über die Landkarte und lassen dabei gleichzeitig Be-und Entschleunigung zu. So schwillt der Storytelling-Anteil dieser Platte, den King Hannah mal mit samtigem Folk vortragen, mal in kühler Dry-Cleaning-Manier vor laute Noise- Wände nuscheln. Eine neue Ära für eine Band, die hoffentlich noch viele Reisen vor sich hat.