Musik

28.06. | Album der Woche

Madeleine Peyroux • Let's Walk

Just One Recording · 28. Juni

28.06. | Album der Woche - Madeleine Peyroux • Let's Walk

Foto: Ebru Yildiz


Nie ohne Hoffnung

Auf ihrem neuen Album setzt sich Madeleine Peyroux auf poetische Weise mit Themen wie dem Kampf um Bürgerrechte und sexueller Gewalt auseinander.

Madeleine Peyroux, der Titeltrack Ihres neuen Albums »Let's Walk« erschien Ihnen im Traum. Arbeiten Sie oft mit dem Unter­bewusstsein?

Ich glaube, das tun wir alle ständig. Die COVID-Pandemie bot mir die besondere Gelegenheit, mein Unterbewusstsein in den Vordergrund treten zu lassen. Ich hatte Zeit, über das nachzudenken, was mir wirklich wichtig ist, und mich darauf zu konzentrieren. Ich ließ meinem Geist, meinem Unterbewusstsein, die Kontrolle über mein Tun.

Sie bezeichneten 2020 als Ihr persönliches Jahr des Erwachens.
In diesem Jahr wurde mein Bewusstsein für das, was in Amerika tatsächlich geschieht, geschärft. Das ging vielen so. Zuerst schockierte uns der Mord an Ahmaud Arbery, dann bewegte die Ermordung George Floyds die ganze Welt. Genau zu dieser Zeit begann ich mit dem ersten Stück des Albums, »How I Wish« – ein Lied, an dem ich monatelang arbeitete.

Hat sich Ihrer Meinung nach seitdem in den USA etwas zum Besseren geändert?

Leider nein. Es hat keine umfassenden regulatorischen Änderungen gegeben, es fehlt immer noch an einer landesweiten Regelung. Auf Graswurzelebene ist diese Bewegung aber stark gewachsen. In Städten quer durch das Land sieht man jetzt Black-Lives-Matter- Schilder, unterstützt wird die Bewegung von Menschen aller Herkunft und Rassen.

Dennoch hört man immer wieder auch etwas Optimismus in den neuen Stücken. Es ist immens wichtig, optimistisch zu sein. Wirft man einen Blick auf die Geschichte der Justiz in Amerika, merkt man, dass die Wendung zum Besseren immer schon ein gradueller Prozess war, der sich über viele Generationen zieht.

In »Nothing Personal« thematisieren Sie sexuelle Gewalt – und nehmen die Täter in die Verantwortung.

Ich glaube, dass die Welt heilen kann, wenn die Menschheit aufhört, sexuelle Gewalt als Kriegswaffe zu benutzen. Wir müssen darüber sprechen, was diese Gewalt mit den Opfern, aber auch mit den Tätern anrichtet. Es ist wichtig, dass die Täter echte Verantwortung dafür übernehmen, anstatt sich einfach nur bestrafen zu lassen. Verantwortung bedeutet, dass man wirklich versteht, was man getan hat. Wenn man sich Kriegsgebiete ansieht, in denen sexuelle Gewalt als Waffe eingesetzt wird, dann ist es traumatisierend, daran zu denken, dass wir zu so etwas fähig sind. Aber trotzdem habe ich Hoffnung für unsere Spezies.


Let's Walk

Madeleine Peyroux
Let's Walk
Just One Recording • 28. Juni

Das Persönliche, das Unterbewusste und das Politische: Auf dem neuen Album der US-amerikanischen Sängerin und Songschreiberin Madeleine Peyroux sind diese Themenfelder untrennbar miteinander verwoben. Von dem Kampf um Bürgerrechte bis hin zu sexueller Gewalt thematisiert die Jazzsängerin eine Reihe von sozialpolitischen Themen, bettet diese aber in ein eingängiges, musikalisch abwechslungsreiches Album zwischen Jazz, Pop und Folk, das sie gemeinsam mit dem Steely-Dan-Gitarristen Jon Herington schrieb.

Markus Brandstetter