Musik

17.11. | Album der Woche

James Newton Howard • Night After Night

Sony Classical

17.11. | Album der Woche - James Newton Howard • Night After Night

Foto: Mark Hanauer


Meditation nach Noten

Seine deutsche Frau halte ihn für »übermäßig zelebriert«, doch James Newton Howard gibt mit »Night After Night« einen weiteren Anlass, ihn zu feiern.

Mr. Newton Howard, in diesem Herbst erscheinen die Komödie »Pain Hustlers«, die Romanverfilmung »All The Light We Cannot See« sowie das Prequel »Die Tribute von Panem: The Ballad of Songbirds and Snakes«. Für alle drei Projekte haben Sie den Soundtrack komponiert. Und Ihr Album »Night After Night« kommt natürlich auch noch raus!
Tja, für eine Weile werden die Menschen meiner Musik nicht so leicht entkommen können. Doch es gibt auch eine gute Nachricht für alle, die nicht ganz so heiß auf James-Newton-Howard Festspiele sind: Als Filmkomponist setzte ich jetzt mindestens ein Jahr lang aus. Von Zeit zu Zeit muss man das Korsett ab- streifen, das diese Kunstform einem anzieht, damit man wieder lernt, kreativ frei zu atmen. Zudem hat der Autoren- und Schauspielerstreik in Hollywood viele Projekte ausgebremst. Also schreibe ich gerade an meinem zweiten Violinkonzert. Das wird richtig toll.

Macht es einen großen Unterschied, ob Sie in Ihrem Inneren nach Ideen forschen oder den Vorgaben und Bildern eines Regisseurs folgen?
Ja, der Kontrast ist riesig. Für Filme schreibe ich häufig große, bombastische und orchestrale Actionszenen-Untermalungen. Und ich komponiere immer ziemlich schnell. In meinen eigenen Werken bin ich viel detailgenauer und unsicherer, manchmal schaffe ich gerade mal fünfzehn Sekunden Musik in einem Acht- Stunden-Tag. »Night After Night« ist quasi beides.

Sie haben die Musik aus acht Filmsoundtracks, die Sie für den Regisseur M. Night Shyamalan geschrieben haben, zu pianozentrierten, längeren Stücken ausgearbeitet. Was war der Grund dafür?
Ich hatte Lust, dieser Musik neues Leben zu schenken, sie substanziell zu erweitern, ganz neu zu denken und zu einem eher beruhigenden, meditativen Album zusammenzufügen.

Wie haben Sie und M. Night Shyamalan sich kennengelernt? Der Filmproduzenten Frank Marshall stellte uns einander vor. Night hatte gerade seinen ersten Film »The Sixth Sense« gedreht, und ich hatte nur sechs Wochen Zeit, die Musik zu schreiben. Night hat mich später für meine Arbeit kritisiert und gemeint, sie sei nicht einzigartig genug gewesen. Aber wir haben uns prächtig verstanden, wie Brüder, und weiter miteinander gearbeitet. Bei »Signs« oder »The Village« bestand das zentrale musikalische Motiv jeweils nur aus wenigen, wieder und wieder variierten Akkorden. Das fand er super.


James Newton Howard

James Newton Howard
Night After Night

Sony Classical, 20.10. Für den heute 72-jährigen US- Amerikaner, der seinen Durchbruch als Filmkomponist 1990 mit »Pretty Woman« feierte, sind die Werke des Regisseurs M. Night Shyamalan keine Gruselfilme, sondern romantische und poetische Dramen. Daher klingen seine acht Night-Scores weniger knallig und plakativ als etwa seine Musik zu »Batman Begins« oder der »The Hunger Games«-Reihe. Howard nimmt sich, gemeinsam mit Geigerin Hilary Hahn, Cellistin Maja Beiser und Pianist Jean-Yves Thibaudet viel Raum, um Betörung und Schönheit seiner Melodien ins Zentrum zu stellen.

Steffen Rüth