Literatur

André Kubiczek
Nostalgia
Rowohlt Berlin • 400 Seiten

Zu André Kubiczeks Lebensthemen gehört das Aufwachsen in der DDR. Das zeigen etliche seiner hochgelobten Romane, darunter »Junge Talente« (2002) oder »Skizze eines Sommers« (2016). Mit »Nostalgia« veröffentlicht Kubiczek nun sein persönlichstes Buch zu dieser Thematik: Der Protagonist André wächst mit seinem Bruder Aleng in Potsdam auf. Der Vater ist Wissenschaftler, die Mutter stammt – wie die Mutter des Autors – aus Laos. In dem sozialistischen Scheinidyll fällt die binationale Familie deshalb auf. Da hilft es auch nicht, dass seine Mutter Teo perfekt Deutsch spricht und André in der Schule nur Einsen schreibt. Zuhause kocht Teo laotische Gerichte und mischt – weil es in der DDR keine Sojasoße zu kaufen gibt – Maggi mit Zucker. Draußen sind er und sein Bruder den Schikanen durch Lehrer und Skinheads ausgesetzt. Trotzdem geht es ihnen gut – bis zwei Schicksalsschläge das Familienleben erschüttern: Aleng wacht nach einer missglückten Operation mit einer geistigen Behinderung auf. Und hinter Teos Rückenschmerzen verbirgt sich wider Erwarten ein auffälliger Befund. André muss Verantwortung übernehmen: für den Bruder, die Mutter – und für sich selbst. Nebenbei muss er auch noch erwachsen werden. Einfühlsam und humorvoll erzählt Kubiczek von dem Naturgesetz, dass Kinder ihre Eltern enttäuschen – und Eltern ihre Kinder. Und dass wir denen, die wir am meisten lieben, oft am meisten wehtun. Ein hinreißendes Buch über Familie, das einem nach und nach das Herz bricht.