Literatur

Jenny Odell
Zeit finden
C.H.Beck
Hardcover, 440 Seiten, 28,00 €

Ein durchgetaktetes Leben? Das scheint für viele Menschen heutzutage ein Konzept, dass weder attraktiv noch zeitgemäß ist. Trotzdem wird jeder einzelne Moment erfasst und funktioniert nicht selten nach einem Muster der (Selbst)Optimierung. Ein ebenso ungesundes wie wenig erstrebenswertes Modell, das uns auf Dauer kaputt macht. Zur dieser Ansicht gelangt Jenny Odell, die Autorin des New-York-Times-Bestsellers «Nichts tun», in ihrem aktuellen Buch "Zeit finden". Darin widmet sie sich der Frage, inwiefern unser modernes, kapitalistisches Zeitverständnis von überholten Vorstellungen beeinflusst wird - und, wie man sich davon lösen kann. Aber was soll man tun, wenn man gefühlt immer weniger Zeit zur Verfügung hat und sich in seinem Hamsterrad um sich selbst dreht? Zur Klärung dieser Frage geht die US-Autorin auf gesellschaftliche und historische Entwicklungen ein. So rekonstruiert sie beispielsweise, wie es zur Einteilung des Tages in 24 gleichförmige, austauschbare Zeiteinheiten kommen konnte. Wann und warum ist die "Zeit ist Geld"-Mentalität entstanden - und warum können auch Strategien zur Vermarktung von Entschleunigung problematisch sein? Ihre kapitalismuskritische Beschäftigung mit dieser Thematik verknüpft sie mit dem Thema Klimawandel und Umweltzerstörung. Trotzdem will das Buch weder ein erhobener Zeigefinger noch ein Work-Life-Balance-Ratgeber sein. Vielmehr liefert sie ein Plädoyer für eine stärkere Auseinandersetzung mit dem eigenen Zeitmanagement.