Musik

Und jetzt: Stille!

Mit »Silence Is Something You Can Actually Hear« widmet sich der Pianist Tim Allhoff einem Thema, das in der heutigen Zeit zu kurz kommt: der Stille.

Den Album-Titel hat sich Tim Allhoff vom Haruki-Murakami-Roman »Kafka am Strand« geliehen. Warum die Beschäftigung mit der Stille? »Das liegt daran, dass die derzeitige Situation einfach sehr, sehr laut ist«, erklärt er im Interview. »Ich wollte Sachen spielen, die einen dazu einladen, sich hinzusetzen und mal wieder richtig zuzuhören. Sich Zeit zu nehmen, auch ruhige Töne zuzulassen. Ruhige Töne besitzen schließlich mindestens genauso viel Kraft wie laute«. Allhoffs Meditation­ auf die Stille besteht sowohl aus eigenen Kompositionen (etwa dem Stück »Kanon«)­, als auch aus Arrangements bekannter Stücke­ aus Klassik, Jazz und Pop. Den Anfang macht »Arietta« von Edvard Grieg, bei dem er Klassik­ und Jazz vermengt (»gewissermaßen meine Handschrift«): »Ich begann, darüber zu improvisieren und bemerkte, wie diese beiden Welten, die Jahrhunderte auseinander liegen, nahtlos zueinander passen«, erzählt er. Auch Johann Sebastian Bach ist vertreten – sein »Lebensbegleiter«, wie er ihn nennt, dessen Stück »Air« er in seinem Arrangement noch einmal entschleunigte. Allhoff geht aber noch weiter – und interpretiert mit Depeche Modes »Enjoy The Silence« einen der großen Songs der Popgeschichte. »Was mich an diesem Song so reizt, ist, dass er zunächst vielleicht nach einfachen Popharmonien klingen mag. In Wirklichkeit besitzt er aber eine harmonische Tiefe – und damit zu spielen hat wahnsinnig viel Spaß gemacht«.

Die Studioarbeit bestritt er nicht nur solo, sondern auch mit zwei verschiedenen Ensembles – dem Morphing Chamber Orchestra und dem SIGNUM Saxophone Quartet. Ersteres lernte er bei einem gemeinsamen Auftritt auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos kennen. »Der Funke sprang sofort über«, erinnert er sich. Auch von der Arbeit mit dem SIGNUM Saxophone Quartet zeigt er sich begeistert: »Sie haben eine einzigartige Art zu spielen, haben so einen weichen Sound. Es hat einfach perfekt gepasst«.

Um noch einmal auf die Stille zu sprechen zu kommen: Wie sieht es bei Tim Allhoff eigentlich mit der Stille im beschäftigten Musiker­alltag aus? »Ich höre privat wahnsinnig wenig Musik – und ich weiß, dass es vielen Kollegen und Kolleginnen genauso geht. Wenn ich Musik­ höre, dann nur sehr bewusst.« Schließlich, so der Pianist, laufe die eigene Musik auch oft dann im Kopf weiter, wenn man selbst gerade mal nicht spielt – und irgendwann muss schließlich auch mal Ruhe, pardon: Stille herrschen!

Tim Allhoff Silence Is Something You Can Actually Hear
Neue Meister, ab 06. Oktober

Innehalten, durchatmen, der inneren und äußeren Hektik entfliehen: Tim Allhoffs neues Album ist eine Einladung zur Introspektion. Die Stücke sollten in ihrer Einfachheit berührend sein, erklärt er. Allhoff gibt den Kompositionen und Arrangements entsprechend viel Raum zum Atmen, legt mehr Wert auf Schönheit und schlichte Eleganz als auf das Zurschaustellen seiner Virtuosität. Besonders bei den Stücken, in denen er von Ensembles unterstützt wird, kommt eine cineastische Qualität in den Stücken zu tragen – egal, ob in Slow Motion oder in zugespitzten Momenten der Stille.