Ingrid Noll
„Wir sind alle scheinheilig.“
Zur Person
Ingrid Noll wurde am 29.09.1935 in Shanghai als Tochter eines deutschen Arztes geboren und wuchs bis zu ihrem 13. Lebensjahr in Nanjing auf. 1949 zog die Familie nach Deutschland; nach dem Abitur studierte sie in Bonn Germanistik und Kunstgeschichte, brach das Studium nach ihrer Heirat aber ab. Bis Ende der 80er Jahre ging sie auf in der Rolle als dreifache Mutter, Hausfrau und Mitarbeiterin in der Praxis ihres Mannes. Ihr Debütroman „Der Hahn ist tot“ erschien entsprechend erst 1991, als die Kinder aus dem Haus waren. Seitdem schrieb sie 16 Bücher, darunter elf Romane, die größtenteils dem Krimi-Genre entsprechen und ihr den Beinamen „die deutsche Patricia Highsmith“ einbrachten. Vier dieser Romane wurden erfolgreich verfilmt, darunter „Die Apothekerin“ mit Jürgen Vogel und Katja Riemann. Noll lebt heute mit ihrem Mann in Weinheim.
18.01.2009, Delmenhorst. Ingrid Noll bestellt sich erst mal einen starken Espresso, „um wieder in die Senkrechte zu kommen“. Nach dem Verzehr ist die erfolgreiche Krimiautorin hellwach – mit kurzen, prägnanten Antworten beschreibt sie das Böse in jedem von uns und die Psychologie des Mordens. Auch von ihrer ungewöhnlichen Kindheit in China berichtet die aufgeweckte Dame mit einem Schalk im Nacken – eine subtile Form von Humor, die sich auch durch ihre Bücher zieht.
Frau Noll, Sie sind derzeit wieder einmal auf Lesereise. Tun Sie sich diesen Stress immer noch gern an, oder ist das mehr ein Zugeständnis an Ihren Verlag?
Ingrid Noll: Teils, teils. Eigentlich mache ich das alles gern. Schreiben ist ja ein einsames Geschäft, da ist man sehr alleine. Da muss es manchmal auch rausgehen in die Welt, die Leser kennen lernen und was anderes sehen. Stress ist es trotzdem.
Lernen Sie dabei auch neue Geschichten kennen, die sich wiederum für ein nächstes Buch eignen?
Das gibt es gelegentlich, das nützt mir aber nichts.