Gary Numan
„Meine Rolle als Pionier interessiert mich nicht.“
Zur Person
Hätte Gary Numan seinen Traumberuf Pilot ergriffen, wäre der elektronischen Popmusik einer ihrer großen Pioniere entgangen. Zum Glück verhinderten schlechte Noten in der Schule, dass der am 8. März 1958 als Gary Anthony James Webb geborene Engländer seine Ausbildung antreten konnte; stattdessen bekam er von seinem Vater zum 15. Geburtstag eine E-Gitarre geschenkt. Seinen ersten Hit hatte Numan mit dem Song „Are ‚Friends’ Electric?“ seiner New-Wave-Band Tubeway Army, in der er bis 1979 als Gitarrist, Sänger und Songwriter tätig war. Es folgten einige Soloalben, die vor allem in England große Erfolge wurden und zahlreichen Rockbands als Einfluss dienten. Nach einem künstlerischen Tief gelang ihm mit seinem 1994er Album „Sacrifice“ nicht nur ein international kommerziell erfolgreicher, sondern auch stilistischer Neuanfang. Seit 2003 ist er mit Gemma O'Neill verheiratet, das Paar lebt mit seinen drei Kindern in East Sussex.
12.02.2014, Jerusalem. Gary Numan kommt gerade vom Hotelfrühstück und macht es sich in seiner Suite bequem. Gestern trat er zum ersten Mal live in Israel auf, eine besondere Erfahrung für ihn. Überhaupt gesteht er, erst jetzt vieles richtig zu machen in einer Karriere, die vor 35 Jahren mit überragendem Erfolg begann, bevor er in den Achtzigern zeitweise in der völligen Bedeutungslosigkeit verschwand und sich als Prinz einer dunklen, schwermetallischen Elektronikmusik künstlerisch grundlegend neu erfand. Sehr offenherzig berichtet er über einen Lebensweg, der höchste Höhen und tiefste Täler erlebt hat – und beschreibt, was es braucht, um immer wieder neu aufzustehen. Gerade mit einer Krankheit wie dem Asperger-Syndrom, einem Handicap, das nur wenig geeignet scheint für die Rolle einer Ikone progressiver Musik.
Mr. Numan, wie war Ihr erstes Konzert in Israel?
Gary Numan: Fantastisch. Ich war zugegebenermaßen ziemlich nervös, erstmals hierher zu kommen. Ich hatte absolut keine Ahnung, ob man mich hier kennt, ob Menschen zu meinem Konzert kommen werden, was sie von mir erwarten. Israel ist ein dermaßen anderes Land, ich hatte beispielsweise keine Vorstellung davon, welche Platten von mir hier überhaupt erhältlich sind. Es stellte sich heraus, dass die meisten Fans mein gesamtes Werk kennen – sie sangen die alten Hits mit der gleichen Leidenschaft mit wie die neuen Songs. Das war eine großartige Erfahrung. Ich finde es immer toll, einen neuen Ort zu besuchen, um herauszufinden, wie die Menschen dort auf meine Musik reagieren.
Die eigentliche Überraschung dabei ist, dass es überhaupt viele Orte auf der Welt gibt, in denen Sie in den letzten 35 Jahren noch nicht aufgetreten sind.
Ach, davon gibt es eine Menge. Ich habe etwa noch nie in Südamerika gespielt, auch nicht in Afrika, und bis auf Japan war ich auch noch nie im Fernen Osten. Tatsächlich vermute ich, dass ich einer der Künstler bin, der innerhalb einer derart langen Karriere an den wenigsten Orten überhaupt war.