Nachruf

Zum Tod von Barry Jenner

Admiral William Ross

Die Entscheidungen, die er in seiner berühmtesten Rolle als Admiral William Ross in der Star-Trek-Serie "Deep Space Nine" zu treffen hatte, waren meistens von großer Tragweite. Er traf sie mit Ruhe und Bedacht, aber auch mit aller Härte und notwendigen Autorität. Seine Ansprache an Untergebene wahrte stets Respekt und Augenmaß. Seine Mimik und Körpersprache vermittelten Halt. Ich stelle mir vor, dass Barry Jenner auch im echten Leben näher an Sternenflotten-Offizier Admiral Ross war als an den komischen Rollen, die er ebenfalls gut und gerne verkörperte. Als überdrehter, leicht dämlicher, dilettantischer Cop Lieutenant Murtagh in "Alle unter einem Dach" ("Family Matters") etwa, die das genaue Gegenteil von Admiral William Ross darstellte. Hier war er als Vorgesetzter weit inkompetenter als sein Angestellter Carl Winslow, dafür aber für den Serienprotagonisten und legendären Nerd Steve Urkel eine wichtige Bezugsperson. Auch in der Sitcom "Something So Right" (1996-1998) erzeugte er Komik aus der Unfähigkeit heraus, ein guter Berater zu sein. Was er dort als frisch geschiedener Vater Sheldon Kramer seiner Tochter, die bei seiner Ex-Frau und ihrem neuen Gatten lebt, alles so rät, führt - der Gattung der Sitcom gemäß - meistens ins Verderben.

Nein, liest man vom Tod Barry Jenners, der am 9. August mit 75 Jahren an den Folgen seiner Leukämie-Erkrankung starb, ist man sich sicher, dass er selbst eher die ruhige Autorität des Admirals ausstrahlte. Oder den Charme eines Dr. Jerry Kenderson, der in "Dallas" eine Affäre mit Sue Ellen hatte. Zu dieser Überzeugung kommt man vor allem, liest man die lange und beachtliche Arbeitsvita dieses vielbeschäftigten Mannes, der seine Laufbahn mit Theaterrollen in New York begann und der Bühne in verschiedener Weise stets treu geblieben ist, während allein sein Eintrag auf der deutschen Seite Serienjunkies Auftritte in 58 (!) TV-Serien verzeichnet. In Los Angeles arbeitete er 20 Jahre lang als Schauspieler und Regisseur beim Professional Actors Workshop. Im Nachwuchs-Workshop des "Theatre East" bildete er junge Darstellerinnen und Darsteller aus. Seine sportlichen Leidenschaften Tennis und Golf nutzte er durch Teilnahme an Benefizturnieren für gute Zwecke.

Barry Jenner war einer jener vielen Vollprofis der Schauspielerei, die nicht zu den großen Stars gehören und deren Rollennamen die Menschen eher kennen als ihren echten. Ohne Weltruhm zu erlangen, hat er sich beständig in das Gedächtnis des TV-Publikums gespielt, in das Erbe des Star-Trek-Universums eingeschrieben und vielen Darstellerinnen und Darstellern am Theater und darüberhinaus auf ihrem Weg geholfen. Er war immer, wirklich immer da. Und es fällt einem erst wieder auf, wenn er weg ist. Möge er in Frieden, nahe bei den Sternen, ruhen.

Oliver Uschmann (Chefredakteur)