Jim Jarmusch
„New Yorker Filmemacher sind Amateure, Hollywood-Regisseure sind Profis.“
Zur Person
Jim Jarmusch (geboren am 22.01.1953 in Cuyahoga Falls, Ohio) war schon als Teenager Fan der Protagonisten der Counterculture-Bewegung. Er las die Bücher von Kerouac und Burroughs, hörte John Cage und Zappa, sah sich im Kino B-Movies und Underground- Filme an. Er studierte zunächst Journalismus, dann Filmwissenschaften in New York, wo er sich als Musiker der No-Wave-Bewegung anschloss. Sein erster Film, die Abschlussarbeit „Permanent Vacation“, wurde bei der Mannheimer Filmwoche uraufgeführt, Wim Wenders stellte das USRegietalent als Assistenten ein. Jarmuschs Durchbruchwerk „Stranger Than Paradise“ (1984) war eine Co-Produktion für die experimentelle ZDF-Reihe „Das kleine Fernsehspiel“. Mit Filmen wie „Down By Law“ (1986), „Mystery Train“ (1989), „Night On Earth“ (1991), „Dead Man“ (1995, mit Johnny Depp), „Ghost Dog“ (1999) oder „Broken Flowers“ (2005, mit Bill Murray) wurde Jarmusch zum König des unabhängigen Films. Er verbringt seine Zeit zwischen New York City und seinem Studio in den Wäldern der Catskill Mountains. Seine 18 Jahre alte Tochter versorgt ihn regelmäßig mit heißen Pop-Tipps.
31.10.2003, New York. Das ist eine Überraschung: Jim Jarmusch hält sich als Regisseur für einen Amateur – allerdings in der besten Bedeutung des Wortes. Auch deshalb verließ der Filmemacher seine Heimat Los Angeles und lebt in New York. Überdies erklärt er eindringlich die Unkonventionalität seiner Filme, sein Prinzip, immer nur allein und mit eigenen Drehbüchern zu arbeiten – und lüftet das Geheimnis um seine extrem früh weiß gewordenen Haare.
Herr Jarmusch, es ist jetzt 16 Uhr New Yorker Zeit. Ihre Assistentin sagte mir, dass dies der allerfrüheste Zeitpunkt wäre, um mit Ihnen zu reden.
Jim Jarmusch: Ja, ich bin ein Nachtmensch. Wenn ich nicht drehe, beginnt mein Tag nicht vor ein oder zwei Uhr nachmittags. Ich kann dann besser arbeiten. Außerdem gefällt mir die Stadt im Dunkeln einfach besser. Tagsüber ist es so unglaublich hell, man sieht jeden kleinen Riss im Trottoir, jeden Menschen, jedes Haus ganz genau. Das ist mir zu überwältigend. Nachts ist die Fantasie viel mehr gefordert.
Sie sind bereits als Teenager nach New York gezogen.
Ich verließ meine Heimat, als ich etwa 17 war. Ich wuchs in dem Industriestädtchen Akron in Ohio auf. Zuerst ging ich für ein Jahr nach Chicago, dann bekam ich einen Platz an der Columbia University in New York, ich studierte Literatur. Nach dem Abschluss schrieb ich mich in der Filmschule der NYU ein. Seitdem ist New York meine Heimatstadt und wird es wohl für den Rest meines Lebens bleiben, auch wenn ich mittlerweile viel Zeit in meinem Waldhäuschen in den Catskills verbringe. Das ist eine sehr ruhige, ländliche Berggegend, etwa zwei Stunden nördlich der City, wo ich ungestört schreiben, lesen und Musik hören kann. Ganz werde ich aber bestimmt nie auf die Stadt verzichten können.