DVD & Blu-ray

The Hateful 8

Universum · 30. Mai

In einem heimeligen Kolonialwarenladen mitten in der schneebedeckten Einöde von Wyoming trifft sich die Elite des wilden Westerns. Richtig, Western mit r. In „The Hateful 8“ lässt Quentin Tarantino acht klassische Figuren aus Western – vom Kopfgeldjäger über den Cowboy bis hin zum General – aufeinander treffen, wobei sich die Geschlechterquote auf 1:7 beläuft, und der einen Frau die Rolle der zum nächstmöglichen Zeitpunkt zu hängenden Schwerverbrecherin zufällt. Noch aber baumelt Daisy (Jennifer Jason Leigh) mit gebundenen Händen an der Kette ihres Henkers (Kurt Russell), der keinesfalls bereit ist, auf die 10.000 Dollar Kopfgeld teilweise oder gar gänzlich zu verzichten. Die Stimmung ist also bis an die Grenze der Paranoia gespannt. Ungefähr so wie nach einem Mord in einem Agatha Christie-Roman (Adaptionen wie „Mord im Orient-Express“ und „Tod auf dem Nil“ bieten sich als Vorfilm an), nur rauer, verschwitzter, machomäßiger und, sieht man von Tim Roth ab, weniger britisch. Außerdem, nicht ganz unwichtig, schwebt wie ein Damokles-Schwert über der Szenerie nicht die Frage „Wer war’s?“, sondern „Was geht denn hier ab?“. Gut 120 der 162 Minuten verwendet Tarantino auf die Inszenierung von in Dialog gegossenen Schwanzvergleichen, bei denen wenig überraschend, aber dafür umso unterhaltsamer Samuel L. Jackson rein von der Masse (der Worte) her die Nase vorn hat. Fast noch mehr als etwa bei „Pulp Fiction“, „Kill Bill: Vol I und II“ oder auch „Jackie Brown“ hat sich Tarantino bei „The Hateful 8“ vor allem formale Spielereien in Sachen Genre, Inszenierung, Bildgestaltung (70mm Panavision) und Musik erlaubt: Mit Hilfe von Ennio Morricone, der für seinen groß orchestrierten Score den Oscar bekam, schubst er sein jüngstes Werk in Richtung Spaghetti-Western, nur um dann im Krimi zu landen.

Edda Bauer