Literatur

Rocko Schamoni, Jacques Palminger und Heinz Strunk

Drei Farben Braun – Das Studio Braun Buch

Schwarzkopf & Schwarzkopf · 1. Oktober

Foto: Kerstin Behrendt

In eigenen Worten

Telefonstreich, fiktive Techno-Legende, Bodypainting, Bürgermeister-Kandidatur: Es gibt nichts, was bei Studio Braun nicht geht. Oder?

Vorneweg eine Annahme: Studio Braun ist eine unbegrenzte Plattform, um Ihrer Liebe zum Absurden Gestalt geben zu können.
Schamoni: Das kann man erst mal so stehen lassen.
Palminger: Finde ich auch.
Schamoni: Letztlich ist das Studio Braun eine Arbeitsgruppe, die sich nicht nur auf Humor, sondern auf verschiedene Teilaspekte des Lebens bezieht. Natürlich gibt es absurden Humor darunter, aber auch Lakonie und andere Untergruppen. Einige Bereiche sind überhaupt nicht von Humor durchzogen, etwa die Malerei, die Kunst, die Poesie oder einige Texte der Musik.
Palminger: Oft wird dem Betrachter gar nicht klar, ob etwas humorvoll gemeint ist oder nicht. Dieses leichte Flimmern finde ich nicht unangenehm.
Schamoni: Man soll es gar nicht genau wissen. Gute Kunst entsteht daraus, dass eine Antwort nicht leicht zu kriegen ist. Stattdessen findest du eine Antwort in dem, was du gerade zu begreifen versuchst.
Strunk: Wir irritieren uns dabei auch gegenseitig.
Schamoni: Das Beste ist immer, wenn man vom anderen etwas abbekommt, bei dem man sich fragt: Worauf läuft das jetzt hinaus? Je länger dieser Verzögerungsmoment andauert, umso größer ist die Freude daran.
Palminger: Das Ganze wäre auch mit dem Begriff der Überraschung zu erklären. Gerade bei den Theaterstücken sitzen wir oft da und fragen uns: Was ist der nächste Schritt, mit dem man nun wirklich nicht rechnet?
Schamoni: Dabei zeigt die Erfahrung, dass Dinge, die eine besondere Leichtigkeit vermitteln, genau jene sind, die mit einer extremen Schwere erzeugt wurden. Dem Film „Fraktus“ ging eine 13-jährige Arbeit voraus.
Strunk: Die Einschätzung, Studio Braun sei mal eben dahingeworfener Quatsch, ist ein Vorwurf, den ich seit vielen Jahren nicht mehr Ernst nehmen kann. Nichts ist weiter von uns entfernt als die häufig zu lesende Bezeichnung „Trash“ oder noch schlimmer: „Trash Comedy“.
Schamoni: Was wir tun: Wir beschäftigen uns mit dem Mülleimer der Gesellschaft, nehmen Versatzstücke daraus und brechen diese dann ironisch auf. Das versteht eben nicht jeder.
Palminger: Man könnte es auch „urbanen Humor“ nennen, der schwierig sein kann, wenn bei den Leuten die Ansatz- und Referenzpunkte fehlen.
Strunk: Eines wird man aber niemals mehr von uns zu sehen bekommen: Telefonstreiche.

Unser Fazit: Wer sich das monumentale Coffeetable-Book zu Gemüte führt, wird durch ein wildes Prisma aus Kunst, Komik und kruder Kantigkeit geführt. Auf 320 Seiten werden 20 Jahre gemeinsame Umtriebigkeit in Form von oft komischen, manchmal melancholischen und vereinzelt auch gewollt grotesken Ideenfeuerwerken präsentiert. Ein Wälzer für die Ewigkeit.

Sascha Krüger