Literatur

Peter Henisch

Suchbild mit Katze

Deuticke · 26. September

Wien nach dem Zweiten Weltkrieg. Es ist nicht Harry Lime, der nächtens durch die Straßen streift, um mit gepanschten Antibiotika zu schachern. Vielmehr drückt sich in Peter Henischs Wien am helllichten Tag die Ostmark in den Schatten der Häusertrümmer. Trümmer, die man im neu zu formenden Österreich mit wachsender Begeisterung übersieht, noch bevor man sie überhaupt weggeräumt hat. Bei dem kleinen Peter Henisch, der von einem Erkerfenster im dritten Bezirk einen guten Blick hat, hinterlassen die eingestürzten Wände immerhin Zweifel am sentimental besungenen Wiener Wein, Wiener Blut, Wiener Charme und Wiener Walzer. Dass dieser Zweifel einmal zu einem Hauptmotiv in seinen Romanen, Artikeln und Liedertexten werden wird, weiß der Fünfjährige noch nicht. Dass er Schriftsteller werden will schon. Schriftsteller oder Katze, wenn letzteres ein Beruf wäre. „Suchbild mit Katze“ ist bestens geeignet als Tor zu Peter Henischs OEuvre, in dessen Wesen es liegt, Fiktionales mit Autobiografischem zu verbinden. Um diesem Ansatz den letzten Schliff zu geben, lässt Henisch sich seine Figuren im Rückblick an sorglose, friedliche Zeiten ohne Angst erinnern. Und ohne dabei jemals zu vergessen, dass eine der unzähligen Katzen in seinem Leben mit mal mehr, mal weniger sicheren Schritten über Simse, Dachfirste und Kriegstrümmer balanciert ist.

Edda Bauer