Musik

New Model Army

Winter

earMUSIC / Edel · 26. August

Eigentlich war die Musik von New Model Army, 1980 nach Oliver Cromwells Gefolgschaft benannt, schon immer der „Sound von Menschen in schwierigen Umständen“. Nicht nur auf diesem neuen Album, wie der Sänger und Kopf der Gruppe, Justin Sullivan erklärt. Und während die sich selbst nibelungentreue Punkrock-Kohorte auf dem Vorgänger „Between Dog And Wolf“ 2013 unerwartet bedächtige, stilistisch differenziertere Töne anschlug und damit den größten Erfolg seit ihrem flammenden Debüt verzeichnen konnte, stürmt Sullivan auf „Winter“ wieder mit heiligem Furor und unvermindert sonorer Stimmgewalt wie eine Mischung aus sagenhafter Heldengestalt und zornig skandierendem Arbeiterführer durch ein Konvolut hymnischer Brecher, wie nur diese Band sie so überzeugend hinbekommt. Ausgestattet mit mitreißenden Melodien, donnernden Tribal-Drums und einer glühenden Eindringlichkeit, die so manche Variante gefälliger Rockmusik dieser Tage belanglos erscheinen lässt. Musikalisch weniger subtil, herrlich anachronistisch und mitunter etwas berechenbar, wird hier zwar keine Geschichte mehr, dafür aber auch kaum eine Atempause gemacht. Lediglich in der dramatischen Ballade „Part The Waters“, dem mit Chor und Streichern verzierten „Drifts“ und der Folk-Finesse „Die Trying“ schalten sie kurz einen Gang runter. Ungebremst regt sich Sullivan weiterhin über die sozialen Probleme, Krisen und Ungerechtigkeiten dieser Welt auf und führt mit Titeln wie „Burn The Castle“ unverdrossen seinen „Friede den Hütten, Krieg den Palästen“-Kampf fort. Er formuliert nachvollziehbar die aktuellen Ängste und Sorgen vieler Menschen und überprüft so die conditio humana in diesen Zeiten. Absolut liebenswert, wie diese Band das Streiten für die gute Sache weiterhin in packende, unhippe, wirkmächtige Rockmusik kleidet.

Andreas Dewald