Musik

Neuerscheinungen der Woche

Nils Wülker - On

Warner, 02. Juni 2017

Mit Miles Davis nahm alles seinen Anfang. Bevor Nils Wülker den großen US-Musiker hörte, war er nur ein Teenager mit mäßigen Ambitionen an der Trompete. Fortan arbeitete der Wahl-Münchner mit Besessenheit an einem eigenen Ton, den er schließlich an der Schnittstelle von Pop und Jazz fand. „On“ ist nun Wülkers erstes Album, das ohne akustisches Jazz-Instrumentarium auskommt. Mit dem Produzententeam The Krauts, arbeitete der Trompeter an Synthies und programmierten Beats, und holte sich Sänger Rob Summerfield und Rapper Marteria mit ins Boot. Für die richtigen Grooves sorgen erfahrene Sessionmusiker wie Drummer Benny Greb und Bassist Edward Maclean. Manche Songs plätschern etwas im Hotellobby-Stile, der Jazz-Crossover-Alben zuweilen plagt. Doch Wülker weiß solche Untiefen stets zu umschiffen und bricht die heimelige Stimmung mit kratzigen Gitarreneinschüben. An keiner Stelle ist dieser entspannt dahinschippernde HipHop-Jazz-Kahn überladen. Nils Wülker hat von Miles Davis gelernt: weniger ist mehr. Jan Paersch


Roger Waters - Is This The Life We Really Want?

Smi Col (Sony), 02. Juni 2017

Der einstige Drahtzieher bei Pink Floyd kann auch im hohen Alter von 73 Jahren nicht davon ablassen, politisch Stellung zu beziehen – zuletzt vor allem in Interviews oder Social Media Postings, und nun erneut auf Albumlänge. Gut so! „Is This The Life We Really Want“ stellt schon im Titel die Frage, wie sich die Konflikte der Gegenwart derart zuspitzen konnten. Dem waidwunden Status Quo hält Waters „Déjà Vu“, „The Last Refugee“ oder den Titeltrack entgegen und nimmt im Angesicht des Brexit gerade gegenüber der eigenen Regierung kein Blatt vor den Mund. In dieser Rolle gefiel er sich schon bei Pink Floyd, wo er das Autobiografische so lange mit dem Gesellschaftspolitischen kollidieren ließ, bis ein Manifest entstand. Vielleicht hat deshalb die Musik auf seinem ersten Soloalbum seit 25 Jahren auch mehr floydschen Charakter, als er sich selbst eingestehen würde. „Smell The Roses“ wirkt wie aus den 70ern ins Hier und Jetzt gefallen. Aber was soll man machen, wenn sich die Geschichte ständig wiederholt? Daniel Thomas


U2 - The Joshua Tree. 30th Anniversary

Universal, 02. Juni 2017

Die langsam anschwellenden Synthesizer. Die quecksilbrig klingelnden Gitarren. Der eindringliche Gesang dieses ungewohnt jugendlich aussehenden Sängers, mit schulterlangen Haaren und noch ohne Sonnenbrille. Die Zutaten für U2s „Where The Streets Have No Name“, einen der einprägsamsten Songs der 80er Jahre. Der Sänger ist natürlich Bono, im Booklet der 30jährigen Geburtstags-Edition von „The Joshua Tree“ festgehalten auf Fotografien von Anton Corbijn. Der Ausdruck „Pop-Hymne“ bekam durch das Album, das sich 25 Millionen Mal verkaufen sollte, völlig neue Bedeutung. Drei der bis heute größten U2-Hits kommen hier gleich zu Beginn, und ein Song wie „With or Without You“ hat wenig von seiner flehentlichen Strahlkraft verloren, wenn man ihn auch zu oft gehört haben mag. Bonos messianischer Gestus zeigte sich hier erstmals auf Platte und auch bei der darauf folgenden Tour. Auf der beigelegten Live-CD lässt sich nachvollziehen, welchen euphorisierenden Sog U2 auf Konzertbühnen entwickelten. Die Band verknüpft „I Still Haven’t Found What I’m Looking For“ mit Bob Marleys „Exodus“ und spielt ihn als Zugabe ein zweites Mal, diesmal mit Gospelchor. Mehr Gänsehaut geht nicht. Jan Paersch


Dan Auerbach - Waiting On A Song

Nonesuch, 02. Juni 2017

An Zuspruch hat es Dan Auerbach in den vergangenen Jahren wahrlich nicht gemangelt. Hochgelobt und Grammy-dekoriert mit den Black Keys, dazu erfolgreich mit Projekten wie The Arcs könnte er sich eigentlich zurücklehnen, doch das ist keine Option für einen, der sich als „süchtig nach Studioarbeit“ bezeichnet. Und so hat Auerbach eine erlesene Auswahl an Musikern und Komponisten seiner Wahlheimat Nashville um sich geschart und jeden Morgen pünktlich um neun Uhr mit der Arbeit an den Songs für sein zweites Soloalbum begonnen. Das Ergebnis klingt alles andere als routiniert und statisch. Im Gegenteil, so beschwingt und entspannt hat man Auerbach noch nie gehört. Was zum einen daran liegt, dass er den knarzigen Garagen-Blues seiner Anfangstage im Laufe der Zeit mehr und mehr mit klassischem Soul angereichert hat und diesen Weg auf „Waiting On A Song“ konsequent weiter geht. Vor allem aber hat er eines von seinen altgedienten Partnern gelernt: Nicht so viel nachdenken, sondern die Dinge geschehen lassen. Chris Hauke


Camille - Oui

Warner, 02. Juni 2017

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