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Kinofilm der Woche

Die Verlegerin

Universal • 22. Februar

So schnell arbeitet die Hollywood-Ikone sonst nie. Steven Spielbergs „Die Verlegerin“ – entstanden in einem guten halben Jahr – ist eine direkte Reaktion auf Trumps Wahlsieg und den Beginn der „Fake News“-Ära. Dabei erzählt der Film mit Meryl Streep und Tom Hanks in den Hauptrollen eigentlich von der Veröffentlichung der geheimen Pentagon Papiere 1971, an der Nixon die US-Presse hindern wollte.

Mr. Spielberg, um gleich mit einem zentralen Thema Ihres Films ins Haus zu fallen: was interessiert Sie am Journalismus?

Wie könnte man nicht am Journalismus interessiert sein? Er ist fester Bestandteil unserer Gesellschaft, spätestens seit Gutenberg die Druckerpresse erfand. Schon vor hunderten Jahren wurde der Journalismus zum festen Bestandteil im demokratischen System der Gewaltenteilung. Wir verlassen uns auf ihn als Nachrichtenquelle. Und natürlich als Bastion der Wahrheit.

An letzterem zweifeln zuletzt immer mehr Menschen, Stichwort Lügenpresse.

Noch schlimmer ist der Begriff „alternative Fakten“. Ein Fakt ist ein Fakt, dazu gibt es in meinen Augen keine Alternative. Natürlich muss man im Journalismus unterscheiden zwischen Meinung und Nachricht. Letzteres basiert auf dem Prinzip der Wahrheit, auch heute noch. Das heißt nicht, dass es nicht auch mal Meldungen gibt, die später revidiert werden müssen, etwas weil neue Quellen aufgetaucht sind. Doch insgesamt konnte man sich immer darauf verlassen, dass im Nachrichtenjournalismus Fakten berichtet werden, die überprüft wurden. Wir müssen dafür sorgen, dass das so bleibt und die Menschen das zu schätzen wissen.

Sehen Sie die Pressefreiheit in Gefahr?

Sie steht auf jeden Fall näher am Abgrund als je zuvor. Auch deutlich näher als in jenen Momenten unter Nixon, von denen „Die Verlegerin“ handelt. Weil es plötzlich mehr denn je Menschen gibt, die nicht – wie ich – auf die Wahrheit vertrauen, sondern eben glauben, Fakten und Meinungen seien das Gleiche.

Machen Sie deshalb keinen Hehl daraus, dass Ihr Film eine Reaktion auf die Wahl Trumps zum US-Präsidenten ist?

Richtig, ich habe das Drehbuch im Februar 2017 gelesen und spürte sofort die Relevanz, die diese Geschichte aus dem Jahr 1971 im neuen politischen Klima der USA hatte. Wieder erklärte eine Regierung die Presse zum Feind. Ich wusste, ich muss diesen Film sofort drehen – und bin noch immer ganz begeistert, dass alle kurzfristig zusagten, mit denen arbeiten wollte. Trotzdem ist „Die Verlegerin“ für mich nicht nur ein Film über die Presse, sondern auch eine Geschichte über Feminismus. Es ist traurig, wie schwierig es selbst 1971 noch war, als Frau ein Unternehmen zu leiten. Da sitzt Kay Graham, die erste Zeitungsverlegerin der USA, in ihrer eigenen Vorstandsetage – und die Männer, die für sie arbeiten, ignorieren sie eigentlich und wenden sich lieber dem Mann neben ihr zu. Alle liebten ihren Vater und ihren Mann, doch sogar als sie nach deren Tod plötzlich die Zügel in der Hand hatte, war sie erst einmal unsichtbar. Sie musste es schaffen, wirklich Kontrolle auszuüben, musste sich und ihre Stärke erst finden. Und genau davon werden wir in der Geschichte um die Veröffentlichung der Pentagon Papiere Zeuge.

Für die Rolle konnten Sie Meryl Streep gewinnen. Gibt man einer solchen Legende überhaupt Regie-Anweisungen?

Selbstverständlich, ich unterscheide als Regisseur nicht zwischen Stars und unbekannten Schauspielern. Der Luxus, wenn man mit Vollprofis wie Meryl oder Tom Hanks arbeitet, ist natürlich der, dass es ihnen nicht schwerfällt, überzeugend und authentisch zu sein. Das liegt ihnen im Blut.

Manchmal wird Prominenten wie Ihnen, die sich kritisch über den US-Präsidenten äußern, vorgeworfen, unpatriotisch zu sein. Was entgegnen Sie?

Im Gegenteil halte ich mich für sehr patriotisch. Ich liebe die USA. Aber ich bin nicht parteiisch oder voreingenommen. Ich respektiere Kritik und Gegenmeinungen und finde es immer wichtig, bei Konflikten die Gegenseite zu respektieren. Das bedeutet aber nicht, dass man immer einer Meinung sein muss.

Schlägt sich diese Ausgewogenheit auch in Ihrem Medien- und Nachrichtenkonsum nieder?

Auf jeden Fall. Ich lege Wert darauf, Nachrichten aus unterschiedlichen Quellen zu beziehen. Zu Hause habe ich die Washington Post und die New York Times im Abo, im Büro zusätzlich auch das Wall Street Journal, die Los Angeles Times und ein paar andere. Außerdem gucke ich natürlich Nachrichtensender und lese online. Und zwar nicht nur die Huffington Post, sondern eben auch den sehr konservativen Drudge Report.

Fazit: Wieder einmal erweist sich Spielberg mit „Die Verlegerin“ nicht nur als großer Moralist, sondern auch als noch größerer Erzähler – und macht sogar aus dieser vermeintlich wenig filmischen Geschichte packendes Kino. Mindestens so spannend wie die Bezüge zur politischen Gegenwart sind dabei Meryl Streep und Tom Hanks in den Hauptrollen, beide in absoluter Hochform.

Interview: Jonathan Fink