Musik

Jens Thomas

Memory Boy

Roof Music · 8. September

Eigentlich ist Jens Thomas vor allem als Jazzpianist oder Theatermusiker bekannt. Vor unkonventionelleren Projekten hat sich der gebürtige Hannoveraner aber noch nie gescheut. So coverte er für sein Album „Speed Of Grace“ einige Nummern der australischen Rockikonen AC/DC. Natürlich nicht mit verzerrten Gitarren, sondern in seinem ganz eigenen Stil mit Klavier, Gesang und Trompete. Man weiß also nie so richtig, was einen erwartet, wenn der studierte Pianist ein neues Album auf den Markt bringt. Für „Memory Boy“ wagt sich Thomas an ein neues Konzept. Die Platte ist in Zusammenarbeit mit dem Schauspieler Matthias Brandt entstanden und soll unbedingt als gemeinsames Projekt verstanden werden. Dabei hat sich der Schauspieler aber nicht etwa mit ans Klavier gesetzt, sondern sich in die Welt der Schriftsteller gewagt. Sein literarisches Debüt „Raumpatrouille“ ist im künstlerischen Dialog mit Jens Thomas entstanden. Mal entwickelte sich aus einem der Songs eine Kurzgeschichte, mal funktionierte der Prozess genau invers. Jens Thomas schafft auf „Memory Boy“ musikalische Kurzgeschichten, die zwar in sich geschlossen, durch seine Stimme aber dennoch miteinander verbunden sind. Mit einem belanglosen „Nananana“ gleich zu Beginn entführt er uns in sein neues Album „Memory Boy“ und eröffnet die Platte mit Akustikgitarre. Aber direkt beim nächsten Song, der sogar einige von Brandt eingesprochene Textzeilen enthält, schlägt er gänzlich andere Töne an und katapultiert den Hörer allein durch die Beats schon ins Weltall. In ein Genre lässt sich Thomas’ neustes Werk kaum einordnen. Seine musikalische Bandbreite auf „Memory Boy“ reicht von lupenreinen Balladen wie „Rain“ bis zu dissonanten Klangexperimenten in „Cycle Circus“. Er tanzt eben mal wieder aus der Reihe. Und das extrem gut.

Katharina Raskob