Musik

Ina Müller

Ich bin die

Columbia / Sony · 28. Oktober

Müllern – so nennt man das Geturne im Strafraum, aus dem heraus bayrische Fußballspieler dieses Namens ihre Tore schießen. Früher hieß der Müller Gerd. Heute heißt er Thomas. Müllern – so nennt man aber auch das Einsteigen von Ina Müller in das Lied, das ein Gast ihrer Show mit in die Kneipe „Schellfischposten“ gebracht hat. Der Song beginnt, Ina Müller überlässt die erste Strophe dem geladenen Künstler – dann stimmt sie ein: im Takt wiegend, ein Lächeln auf den Lippen, die Augen immer mal wieder geschlossen. Die im Rahmen der TV-Sendung „Ina’s Nacht“ generell laut eingestellte Gastgeberin gönnt sich bei diesen Einlagen eine Auszeit vom Rampensautum. Klar, sie will mittun. Aber bitte mit Gefühl. Es gibt nicht viele Shows, die einer Fernsehnase so sehr auf den Leib geschnitten wurden. Natürlich liegt hier das Geheimnis ihres Erfolgs, am Ende erliegen alle dem Charme der „Müllerin“, selbst Jan Böhmermann, der jahrelang auf sie schimpfte und dann voller Begeisterung mit und für Ina „Ich liebe dich“ von Clowns & Helden schmetterte. Bemerkenswert ist nun, dass Ina Müller ein Album aufgenommen hat, das ihrer tiefen Leidenschaft für Melancholie gerecht wird. Nachdenkliches hörte man auch auf den anderen Platten, doch nun stehen die ruhigen Songs im Zentrum – und Ina Müller erobert sich ihren Platz zwischen Olli Schulz und Judith Holofernes.

André Boße