Kino

Einfach das Ende der Welt

Weltkino · 29. Dezember

Was ist Familie für ein Ort? Theater- und Opernregisseur Hans Neuenfels beschreibt sie so: „Diese hüpfenden Familienkessel, die auf den Herden kochen, zischen, überlaufen, brodeln und dampfen, um für eine kurze Zeit Futter in die Welt zu speien, das niemandem schmeckt, am wenigsten den Köchen selbst.“ Louis (Gaspard Ulliel) kehrt dorthin zurück. Erstmals nach zwölf Jahren besucht er den Ort seiner Kindheit – um zu sagen, wie viel Zeit noch bleibt. Louis wird bald sterben. Was wird die Familie sagen? Wird sie überhaupt zuhören? Und was überhaupt weiß man voneinander? „Es kommt vor, dass man mit Leuten verwandt ist, die einem nicht nahestehen“, sagt Louis. Regisseur Xavier Dolan seziert, basierend auf der Vorlage eines Theaterstücks, erneut den Kosmos Familie und das gegenseitige Scheitern aneinander. Eine ästhetische Studie, ein Nachforschen in den Gesichtern: Die Liebe, sie muss doch irgendwo sein. Das Kammerspiel wird vor allem durch Großaufnahmen ausgelotet. Intensität wie selten im Kino.

Sylvie Sophie-Schindler