Kino

Die Überglücklichen

Neue Visionen · 29. Dezember

Der Begriff der Normalität wird meistens selbstverständlich verwendet. Der Schriftsteller Heinar Kipphardt gehörte zu denen, die die „Normalität“ unserer Gesellschaft radikal in Frage stellten. Er schrieb: „Indem man im Einzelfall sinnlich fassbar macht, welche Sorten von psychischer Verelendung es gibt, stößt man zwangsweise auch auf die Verelendung der Sozietät.“ Vielleicht wäre es mit Beatrice (Valeria Bruni Tedeschi) und Donatella (Micaela Ramazzotti) anders gekommen, hätte sie jemand in ihrem Gefühl des Alleinseins verstanden. Die beiden Frauen lernen sich in der Psychiatrie kennen. Unter bipolarer Störung leidet die eine, unter Depression die andere. Betroffenheitskino? Von wegen. Regisseur Paolo Virzì gelingt es, aus dieser Vorlage ein komödiantisches Roadmovie zu inszenieren. Mit einem Tempo, das mitreißt – und zeigt, wieviel Lebenskraft doch in den beiden gestrauchelten Frauen steckt. Auf der Suche nach Glück reißen sie aus, und eine fantastisch gespielte Freundschaft entwickelt sich.

Sylvie Sophie-Schindler