Kino

Die Neustarts der Woche

Die Migrantigen

Camino, 07.09.2017

Migrantigen Benny (Faris Endris Rahoma) und Marko (Aleksandar Petrovic) fühlen sich so österreichisch wie Mozartkugeln und Kaiserschmarrn. Als Bobos – dem wienerischen Hipster-Pendant – führen sie ein Leben zwischen laktosefreiem White Russian und ewig leerem Bankkonto. Das hat Benny zumindest teilweise seinem Migrationshintergrund zu verdanken, denn aufgrund des südländischen Aussehens beschränkt sich seine Schauspielkarriere auf die angebotenen Rollen als Ausländer. Und die will er partout nicht annehmen, ist er doch echter Österreicher. Als er und Marko im fiktiven Bezirk Rudolfsgrund von einer Reporterin angesprochen werden, die eine Doku über den sozialen Brennpunkt drehen will, riechen sie das große Geld und geben sich als kleinkriminelle Migranten aus. Arman T. Riahi reiht in „Die Migrantigen“ so viele überzogene Klischees aneinander, dass man sie kaum zählen kann. Das Großartige ist aber, dass er sie ins Gegenteil verkehrt und damit die Falschheit des Schubladendenkens aufzeigt. Herrlich amüsant.

Katharina Raskob


On The Milky Road

Weltkino, 07.09.2017

Milky Emir Kusturica („Schwarze Katze, weißer Kater“, „Versprich es mir!“) ist zurück. Nach zehnjähriger Regie-Abstinenz und diversen Skandalen und Skandälchen um seine freundschaftliche Beziehung zu Putin und seiner provokativen Positionierung im Balkan-Krieg, kam man nun also wieder einmal über einen Film sprechen. Und „On The Milky Road“ knüpft an alte Zeiten an, dreht es sich doch um einen Milchbauern (Kusturica selbst), der zwischen den Kriegsfronten pendelt, um seine Milch zu verkaufen, sich in die falsche Frau (Monica Bellucci) verliebt und mit dieser die Flucht vor einem mordlüsternen KFOR-Offizier wagt. Das klingt im Zeitraffer genauso sprunghaft und fantastisch, wie es sich auf der Leinwand präsentiert. Kusturica erzählt eine Fabel von Liebe in Zeiten des Krieges und wenn hinterher durchs Bild geflogen wird und der Balkan-Beat pulsiert, dann hat er sein Ziel wieder einmal erreicht: eine gepflegte Provokation für konservative Kritiker, ein einziger Bilderrausch für den normalen Kinogänger.

Jonas Grabosch


Meine Cousine Rachel

Twentieth Century Fox, 07.09.2017

Rachel Aus dem Gesamtwerk der Schriftstellerin Daphne du Mauriers sticht „Rebecca“, verfilmt von Alfred Hitchcock, als bekanntester Roman heraus. Dabei ist „Meine Cousine Rachel“, 1952 erstmalig mit Olivia de Havilland und Richard Burton auf die Leinwand gebracht, das weitaus vielschichtigere Werk. Philipp lebt seit dem Tod seiner Eltern bei seinem reichen Vetter Ambrose, der auf einer Florenzreise überraschend heiratet. Die Briefe, die er aus der Ferne schreibt, werden jedoch immer verworrener und münden in dem Hilferuf, dass er sich vor seiner Frau Rachel fürchte. Philippe reist nach Florenz, doch Ambrose ist bereits tot. In seiner Heimat Cornwall trifft er dann überraschend auf Rachel, es entspinnt sich ein Katz-und-Maus-Spiel zwischen den beiden, befeuert von Begehren und Misstrauen. Man muss es ganz klar sagen: Es ist ein Schaulaufen für Hauptdarstellerin Rachel Weisz, die alle Facetten der Rachel perfekt herauskitzelt, während Regisseur Roger Michell für eine dekadent morbide Atmosphäre sorgt

Jonas Grabosch