Musik

David Bowie

Who Can I Be Now? (1974-1976)

Parlophone / Warner · 23. September

Im vergangenen Jahr erschien die Box „Five Years“, die Bowies Musik aus den Jahren 1969 bis 1973 abdeckte. Der Künstler schien damals noch fit zu sein, keiner dachte daran, die Box als Erbe zu verstehen. Im Januar starb Bowie – und die Reihe geht mit „Who Can I Be Now? (1974-1976)“ unter anderen Vorzeichen weiter. Schon die Frage im Titel lässt einen Schlucken: Bowies Comebacksingle Anfang 2013 hieß „Where Are We Now?“ Man kann lange darüber nachdenken. Bowie nahm „Who Can I Be Now?“ im Jahr 1974 auf, ein fantastischer Soul- Schleicher mit Saxofonsolo, beseelt gesungen und weit entfernt vom visionären Psychedelic-Rock aus der Ziggy-Zeit. Bowie blickte ab 1974 eindeutig in die USA, das Boxset deckt also seine „Amerikanische Phase“ ab, auf die dann ab 1977 die Berliner Jahre folgten, doch davon mehr beim nächsten Boxset. Zurück zum Song „Who Can I Be Now?“: Bowie und sein Team nahmen das Stück auf, als das Album „Diamond Dogs“ (1974) gerade im Kasten war. Den Künstler faszinierte die Dynamik der Soulszene in den USA. „To Be Young, Gifted And Black“ hatte Nina Simone 1969 gesungen. „Wir waren das alles nicht“, erinnert sich Bowie-Produzent Tony Visconti, „wollten aber dennoch eine Killer-Soul-Platte aufnehmen.“ Das Projekt trug den Arbeitstitel „The Gouster“, laut Bowie die Bezeichnung für einen Dress-Code der hippen schwarzen Teens im Chicago der späten Sechzigerjahre. Die Truppe spielte Bowies 72er-Hit „Johnny, I’m Only Dancing“ noch einmal neu ein, dazu kamen Songs wie „Young Americans“ und „Right“. Bowie-Kenner wissen: Aus „The Gouster“ wurde im Verlauf der Sessions das Album „Young Americans“. „The Gouster“ existierte nur noch als Idee – jetzt gibt es diese Platte zum Anfassen. Ebenfalls Teil der Box: die regulären Alben aus dieser Phase sowie eine Singles-Compiliaton.

André Boße