Literatur

Buch der Woche

Kent Haruf - Unsere Seelen bei Nacht

Diogenes · 22. März

Irgendwo im Nirgendwo des mittleren Westens der USA spielt sich in einer fiktiven Kleinstadt namens Holt in Colorado der Erzähl-Kosmos des mittlerweile verstorbenen amerikanischen Schriftstellers Kent Haruf ab. Mit „Unsere Seelen bei Nacht“ erscheint nun posthum sein fünfter und letzter Roman. Darin verbünden sich die verwitweten Eheleute Addie Moore und Louis Waters, die sich bisher nur flüchtig aus der Nachbarschaft kannten, um ihrer Einsamkeit zu entfliehen. Sie verabreden sich zur Nacht, liegen nebeneinander im Bett und erzählen sich Geschichten aus dem Leben. Doch je näher sich die einst fremden Menschen kommen, umso missgünstiger werden sie von ihrem kleinbürgerlichen Umfeld abgestraft. Haruf gelingt es dabei mit seiner gewohnt klaren wie einfachen Sprache, die Konflikte des Lebens sukzessive zur Entfaltung zu bringen. Eine große Liebesgeschichte, die von einer erstaunlichen Tiefgründigkeit zeugt und dabei gleichsam die Engherzigkeit der Mitmenschen offenbart. Berührend.

Björn Eenboom