Literatur

Buch der Woche

Katie Kitamura - Trennung

Hanser · 30. Januar

Die namenlose Erzählerin hat ihren Mann in fünf Jahren Ehe schon ganz gut kennengelernt: „Christopher hatte seine Auftritte immer zu inszenieren gewusst, es waren die Abgänge, an denen er noch arbeiten musste.“ Seine Auftritte gelten vor allem anderen Frauen, denn Christopher ist ein notorischer Fremdgänger. Bei den Abgängen wäre auf jeden Fall die rätselhafte Recherche-Reise nach Griechenland dabei, die vorläufig damit endet, dass er nicht mehr ans Telefon geht. Weil sie sowieso die Scheidung einreichen wollte, macht sich seine Ehefrau auf die Suche nach ihm und findet eine entstellte menschenleere Landschaft vor, ein abgebranntes Urlaubsparadies. Ähnlich karg ist auch Kitamuras Sprache, ein blitzblankes Werkzeug, um emotionale Interieurs auszuleuchten, die die Selbstanalyse gewohnt sind. Diese Nüchternheit hilft nicht gegen den philosophischen Treibsand: Hinter der Frage, inwieweit man einen anderen Menschen kennen kann, kommt gleich die, ob sich das jemals wirklich über einen selbst sagen lässt.

Markus Hockenbrink