Literatur

Buch der Woche

Julian Barnes - Der Lärm der Zeit

Kiepenheuer&Witsch · 16. Februar

Ein Text wie dieser, entschied einst nicht nur über Karrieren, sondern sogar Leben und Tod. Eine vernichtende Rezension genügte, um Dmitri Schostakowitsch auf die Abschussliste Stalins zu befördern. „Chaos statt Musik“ war die Schlagzeile zu seiner Oper „Lady Macbeth von Mzensk“. Fortan durchlebt er einen konstanten Kampf zwischen Unterwerfung und Selbstverachtung. Mit „Der Lärm der Zeit“ beleuchtet Julian Barnes in erfrischender Kürze das Leben des sowjetischen Komponisten. Der Roman besteht zu großen Teilen aus inneren Monologen, die eine zerrissene Persönlichkeit zeichnen und eine Vorstellung davon vermitteln, was es bedeutet, sich unter einer Diktatur Kreativität und künstlerische Freiheit bewahren zu wollen. Und wie könnte es bei Barnes anders sein – auch die Ironie kommt nie zu kurz. Allein dass manche Aphorismen die damalige Situation leicht bemänteln, mag man Barnes ankreiden. Ihm geht es vorrangig um die Kunst und Schostakowitschs Dilemma. Aber für den Rest gibt’s ja auch Geschichtsbücher.

Katharina Raskob