Literatur

Buch der Woche

Jennifer Haigh - Licht und Glut

Droemer · 3. April

„Mehr als die meisten Gegenden ist Pennsylvania das, was darunterliegt.“ 1859 wurde hier erstmals nach Erdöl gebohrt, und die riesigen Erdgasvorkommen machen den Bundesstaat auch jetzt wieder interessant. Zwischendurch gab es sogar einen Flirt mit der Kernenergie, der zur Havarie des Atomreaktors von Three Mile Island führte – so weit, so schlecht. Die industrielle Ausbeutung der Bodenschätze nimmt in Jennifer Haighs Roman die Unausweichlichkeit einer Naturgewalt an, die ihre naiv-passiven Kleinstadtfiguren unvorbereitet trifft. Ein Fracking-Bohrturm im eigenen Garten? Warum nicht! „Licht und Glut“ ist kein Umweltroman und kein politisches Manifest, sondern etwas Unheimlicheres. Es ist ein ausschweifender Blick auf Menschen, die noch nicht wissen, dass sie zu den Verlierern eines abgekarteten Spiels gehören, das weniger Respekt vor tatsächlicher Arbeit als etwa vor gerichtlich erstrittenen Entschädigungszahlungen hat. „Vorwärtskommen kann man nur, wenn einem schweres Unrecht geschieht.“ Als ob!

Markus Hockenbrink