Literatur

Buch der Woche

Alejandro Zambra - Ferngespräch

Suhrkamp · 8. Mai

Die männlichen Protagonisten in Alejandro Zambras elf neuen Kurzgeschichten teilen sich Charaktereigenschaften und Ansichten, die nahelegen, dass es sich um dieselbe Person handelt, obwohl sie jeweils anders heißt. Eine gute Erinnerung hat sie auch: Kaum eine Liebesbeziehung, kaum eine betrunkene Konversation, kaum ein Fußballspiel, das je vergessen wird. Für andere Details gilt dasselbe, denn alle diese Figuren bevölkern ein Chile, das man nicht besuchen muss, um es besucht zu haben, weil Zambra sich und seine Heimat anhand dieser Menschen beschreibt. Seine Art, das herbe und gleichzeitig humorvoll zu tun, brachte ihn in den Ruf eines literarischen Shooting Stars, was die deutsche Übersetzung punktgenau untermauert. Ein Beispiel? In der Geschichte namens „Familienleben“ gibt ein junger Mann das Haus, das er für seinen Cousin hütet, seiner neuen Bekannten gegenüber als sein eigenes aus. 25 Seiten lang weiß man nicht, was auf der nächsten Seite passiert. Und es passiert eine Menge. Großartig.

Markus Hockenbrink