Sonny Rollins

Sonny Rollins

„Selbstgefälligkeit ist der kreative Tod.“

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  • John Abbott
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Zur Person

21.04.2009, Bilbao. Sonny Rollins empfängt in Jogger und Pantoffeln an der Tür seiner Hotelsuite: Das störrische weiße Haar wild abstehend, der Blick leicht entrückt, schlurft er mit winzigen Schritten zurück in seinen Sessel, um sich sofort wieder den Notenblättern zu widmen, an denen er gerade arbeitet. Nach ein paar Minuten schaut er auf und sagt: „Ach, Sie sind fertig? Dann sagen Sie doch einen Ton.“ Er legt die Noten beiseite, lehnt sich zurück und beginnt mit stoischer Ruhe und sorgsam gewählten Worten in sattem Bariton zu sprechen.

Mr. Rollins, Sie sind 79 Jahre alt – warum tun Sie sich den Stress regelmäßiger Tourneen um die Welt noch an?

Sonny Rollins: Dafür gibt es eine einfache Begründung: Ich gehöre zu einer aussterbenden Gattung, denn ich bin der letzte der ersten Garde des Jazz, und ich bin mir dieser Verantwortung bewusst. Damals, als Miles und Charlie und Thelonious und Lionel und all die anderen noch da waren, haben wir uns eines geschworen: Wer auch immer am längsten lebt und noch die Kraft hat, unsere Ideale und Ideen an junge Generationen weiter zu tragen, wird das tun, solange er kann. Ich kann noch, alle anderen ehemaligen Wegbegleiter haben wir mittlerweile verloren. Also tue ich schlicht das, was ich damals versprochen habe. Zumal ich fortwährend das Gefühl habe, dass die Jungs noch um mich herum sind. Ihr Geist ist bei mir, ich bin nicht allein.

Was ist das für ein Geist?

Ein sehr besonderer: Es ist der Geist der Besessenen, die nicht anders können, als zu spielen und sich weiter zu entwickeln. So viele Musiker haben mir diese Form des Zwangs zur Weiterentwicklung vorgelebt. Ich bin mit diesem Eindruck aufgewachsen: Willst du die besondere Ebene erreichen, musst du spielen, spielen, spielen.

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