Sönke Wortmann

Sönke Wortmann

„Der Schäfer läuft der Herde nicht voraus, er geht gemütlich hinter ihr.“

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05.09.2014, Köln. Am Abend findet die „Schoßgebete“-Premiere im pompösen Residenz-Kino statt, aber „bis dahin ist noch eine Menge zu tun“: Regisseur Sönke Wortmann gibt im siebten Stock des Dorint-Hotels ein Interview nach dem anderen. In Stress artet es aber nicht für ihn aus. Wortmann wirkt sehr entspannt, offen und aufgeschlossen. Und von den jüngst angefutterten Kilos, mit denen er im Interview kokettiert, ist auch nichts zu sehen.

Herr Wortmann, „Schoßgebete“ macht sehr viele Fässer auf: Der Film handelt vom Trauma und davon, wie man den Tod von nahen Menschen erlebt und verarbeitet. Es geht um die Rolle der Frau in der heutigen Gesellschaft, Medien und Medienkritik spielen genauso eine Rolle wie die Frage, wie man eine langjährige Beziehung frisch und interessant hält. Was ist für Sie zentral in diesem Film?

Sönke Wortmann: Für mich steht die Figur Elizabeth mit all ihren Facetten im Mittelpunkt. Da hängen alle Themen, die Sie beschrieben haben, miteinander zusammen. Eine Beziehung frisch zu halten ist ohnehin schon nicht leicht, wenn man ein paar Jahre zusammen ist. Noch schwieriger ist es, den Alltag zu bewältigen, wenn man Kinder hat. Und wenn man dann noch in höchstem Maße traumatisiert ist wie die Hauptfigur im Film, hören die Probleme gar nicht mehr auf. Das war das, was mich am meisten interessiert hat an diesem Buch. Letztlich ist es für mich ein Liebes- und Beziehungsfilm. Weil zu viele schreckliche Dinge passieren, ist es keine 'Romantic Comedy' geworden. Es ist aber auch nicht so weit davon entfernt, der Film hat durchaus komische Momente. Der Aspekt der Medienkritik war mir hingegen nicht so wichtig.

Die Figur Elizabeth will immer perfekt sein: Als Mutter und als Ehefrau, im Bett und im Beruf. Glauben Sie, dass viele Frauen unter diesem Druck leiden?

Ja. Es ist ein Phänomen der heutigen Zeit, dass Frauen sich nicht entscheiden dürfen, sondern – so denken zumindest viele – beides sein müssen: Eine gute Mutter und erfolgreich im Beruf. Daraus ergibt sich ein großes Spannungsfeld. Dazu kommt: Frauen machen sich einen ganz anderen Druck als Männer. Sie gehen monatelang ins Fitnessstudio um dann ein, zwei Kilo zu verlieren – und der Ehemann merkt es noch nicht einmal. Männer sind da einfach schlunziger und im guten Sinne nachlässiger mit sich selbst. Die nehmen ihre Außenwirkung und das bei vielen Frauen scheinbar allgegenwärtige Gefühl, ständig beobachtet und bewertet zu werden, nicht so wichtig. Ich selbst werde auch immer dicker.

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