Sibel Kekilli
„Ich habe kein Problem damit, als unbequem zu gelten.“
Zur Person
Sibel Kekilli kam am 16.06.1980 als Tochter türkischer Einwanderer zur Welt, die 1977 aus dem Bergdorf Kayseri nach Deutschland zogen. Ihre Kindheit verbrachte sie zwischen zwei Kulturen, ihre Eltern gelten als gemäßigte Muslime. Zunächst machte sie in Heilbronn eine Ausbildung zur Verwaltungsfachangestellten und arbeitete bis 2002 bei den städtischen Entsorgungsbetrieben. Um der provinziellen Enge zu entkommen, zog sie nach Essen und jobbte in kurzer Abfolge in den unterschiedlichsten Bereichen, vom Model bis zur Türsteherin – eine Episode, über die sie nicht mehr spricht. In einem Café in Köln wurde sie von einem Talentscout angesprochen, beim Casting für Fatih Akins Film „Gegen die Wand“ konnte sie sich gegen 350 Mitbewerberinnen durchsetzen und gewann für ihre Darstellung einen Goldenen Bären. Seither hat sie eine rasante Karriere hingelegt, spielte in höchst wechselhaften Rollen zwischen Komödie, Drama und Krimi. Seit 2010 bekleidet sie die Rolle der Kieler „Tatort“-Kommissarin Sarah Brandt, seit 2011 gehört sie zum festen Ensemble der HBO-Serie „Game Of Thrones“. Kekilli hat zahlreiche Preise gewonnen und engagiert sich in der Freizeit für die Rechte muslimischer Frauen, unter anderem bei der Organisation ‚Terre des Femmes’. Sie lebt mit ihrem Freund in Hamburg.
21.02.2014, Hamburg. In einem Café in Ottensen sitzt Sibel Kekilli und betont, sie sei sehr gespannt auf die Fragen. Wir haben viele, denn die Schauspielerin, die ihre Karriere in Fatih Akins Film „Gegen die Wand“ begann und sich seither durch bemerkenswerte Vielseitigkeit auszeichnet, ist eine schillernde Person des deutschen Films. Und inzwischen des internationalen, denn ihr gegenwärtiges Projekt ist die Rolle der Prostituierten Shae in der Fantasy-TV-Serie „Game Of Thrones“ – und das, obwohl sie mit Fantasy vorher überhaupt nichts anfangen konnte. Innerhalb einer Stunde wird viel über das Bauchgefühl beim Spielen, gute und schwache Serien, deutsche Tugenden und das Chaos an türkischen Filmsets gesprochen. Kekilli erweist sich als klare, unverblümte und aufmerksame Gesprächspartnerin. Erst als die Fragen auf ihre Vergangenheit sowie ihr Leben zwischen zwei Kulturen abzielen, wird sie einsilbig, zuweilen regelrecht unwillig. Plötzlich spürt man ihre Vorsicht, den Medien nicht die nächste Schlagzeile zu liefern, die sie wieder für eine Weile verfolgen könnte.
Frau Kekilli, wie fühlt es sich an, eine Rolle in einer TV-Serie zu bekleiden, die derart beliebt ist, dass sich sogar der amerikanische Präsident eine Vorab-Version der nächsten Staffel besorgen lässt?
Sibel Kekilli: (lacht) Das fühlt sich ziemlich gut an. Das ist schon etwas Besonderes, bei etwas mitzuwirken, von dem man weiß: Sogar er fiebert mit, wie es weiter geht.
Ist die Rolle der Shae in „Game Of Thrones“ nicht nur deswegen die vielleicht bedeutendste Rolle Ihrer bisherigen Laufbahn?
Was die Außenwirkung anbetrifft, die internationale Akzeptanz und das Wissen, wie viele Menschen überall auf der Welt verfolgen, was man da tut, ist das schon die bedeutendste Rolle, ja. Vom persönlichen Standpunkt betrachtet, ist „Game Of Thrones“ sicher auch wichtig, aber daneben gibt es einige, völlig anders gelagerte Hauptrollen, die auf derselben Stufe der Bedeutung stehen.