Roland Emmerich

Roland Emmerich

„Meine größte Angst war, dass irgendjemand herausfindet, dass ich schwul bin.“

Autor/in
Fotos
  • getty images
Leserbewertung

Zur Person

18.09.2015, Toronto. Als Roland Emmerich im Fairmont Hotel zum Interview bittet, hat er noch keine Ahnung, wie sein neuer Film „Stonewall“ in der Öffentlichkeit ankommt. Die erste Pressevorführung ist gerade erst vorbei, die Weltpremiere im Rahmen des Filmfestivals steht am Abend erst bevor. Doch dass sein erster Film mit schwuler Thematik gerade in der Queer-Community starke Reaktionen auslösen wird, konnte der gebürtige Stuttgarter schon erleben, als im Internet der erste Trailer zum Film die Runde machte. Aus dem Konzept bringen lassen will sich Emmerich davon nicht. Doch das ist leichter gesagt als getan, wie sich Ende Oktober zeigt, als „Stonewall“ in den USA längst in die Kritikermangel genommen wurde und der Regisseur für ein zweites Gespräch ans Telefon geht.

Herr Emmerich, Sie waren 14 Jahre alt, als in New York der Stonewall-Aufstand stattfand. Haben Sie das damals in der schwäbischen Provinz überhaupt mitbekommen?

Roland Emmerich: Nein, kein bisschen. Ich bin in einer Kleinstadt aufgewachsen, da ist über das Thema Schwulsein nicht geredet worden. Das fing überhaupt erst in den Siebzigern und dann vor allem in den Achtzigerjahren an, dass sich in Deutschland Menschen offen zu ihrer Homosexualität bekannt haben. Ich selbst habe erst Jahre später bewusst etwas über die Ereignisse in der Christopher Street in New York gelesen. Damals war ich schon auf der Filmhochschule, es muss also ungefähr 1977 gewesen sein.

Wie würden Sie die Bedeutung dieses Ereignisses einordnen?

Im Grunde war das der Anfang der gesamten Schwulenbewegung. Es gab damals in New York zwar schon eine Gruppe namens Mattachine Society, die sich für die Rechte von Homosexuellen aussprach, aber die setzte insgesamt auf friedliche Mittel und auf Anpassung. Denen ging es noch darum, Anzüge zu tragen und möglichst unauffällig zu sein. Gleichzeitig war überall die Studenten- und die Bürgerrechtsbewegung im Gange, und da war es natürlich nur eine Frage der Zeit, bis es auch bei den Schwulen mal knallte. Es waren letztlich auch nicht irgendwelche politisch motivierten Aktivisten, die die Aufstände ausgelöst haben, sondern die Kids von der Straße, die die andauernden Razzien nicht mehr ertragen haben. Erst daraufhin wurden auch die anderen aktiv, weil plötzlich klar war, dass der Moment zum Handeln gekommen war. In sehr kurzer Zeit haben sich mehrere hundert Organisationen gegründet, die für Homo-Rechte eingetreten sind und die 1970 auch den Christopher Street Day, also die erste Gay-Pride-Parade, veranstaltet haben.

Ab hier lesen nur GALORE-Abonnenten kostenlos weiter! Eines der vielen Abo-Extras.