Oskar Roehler
„Bei mir besteht kein Lachzwang.“
Zur Person
Oskar Roehler (geboren 21.01.1959 in Starnberg) erhielt seinen Vornamen nach der Hauptfigur aus Günter Grass’ „Die Blechtrommel“. Seine Eltern waren Gisela Elsner und Klaus Roehler, beide Mitglieder der exzentrischen Autoren-Clique „Gruppe 47“. Wäre es nach seiner Mutter gegangen, hätte diese ihn lieber nicht zur Welt bringen wollen. Der unwillkommene Sohn wurde in seiner Kindheit stark vernachlässigt, eine idyllische Zeit erlebte er bei seinem Alt-Nazi-Großvater väterlicherseits auf dem Land. Die Zeit bei den millionenschweren Großeltern mütterlicherseits sorgte hingegen für weitere Traumata. Seine Lebensgeschichte schrieb Roehler im 2011 veröffentlichten Roman „Herkunft“ auf. Vielfach ausgezeichnet wurde sein Film „Die Unberührbare“, eine Abarbeitung der letzten Lebensjahre seiner Mutter (gespielt von Hannelore Elsner). Der Autorenfilmer ist Autodidakt, weiß immer wieder zu provozieren. Sein letztes Buch „Selbstverfickung“ hatte es zunächst schwer, einen Verlag zu finden, wurde dann bei Ullstein verlegt. Roehler ist mit der Modedesignerin Alexandra Fischer-Roehler verheiratet. Er lebt in Berlin und auf Mallorca.
10.01.2006, Berlin, Ritz Carlton. Der eigentlich zum Gespräch vorgesehene Moritz Bleibtreu meldet sich kurzfristig krank; an seine Stelle tritt spontan der sonst interviewscheue Regisseur von „Elementarteilchen“ und lässt sich auf ein fast komplett improvisiertes Interview ein. Auch er kränkelt ein wenig, ist aber voll bei der Sache – und erstaunlich zugänglich.
Herr Roehler, wenn Sie nicht gerade einen neuen Film gedreht haben, ist es nahezu unmöglich, Sie für ein Interview zu gewinnen. Warum machen Sie sich so rar?
Oskar Roehler: Weil man es als Regisseur einfach kann. Man bekommt dann zwar das Label ‚Enfant Terrible’ verliehen, aber damit kann ich gut leben. Ich bin anders als viele Schauspieler, bei denen ich den Eindruck habe, dass sie diesen Beruf gewählt haben, weil ihre ausgeprägteste Eigenschaft der Exhibitionismus ist. Ihre größte Ausdruckslust ist, sich auszuziehen – seelisch, moralisch, faktisch.
Wofür Sie als Regisseur ein gutes Medium sind: Die Darstellung des seelischen Exhibitionismus haben Sie ja förmlich gepachtet.
Ach... (überlegt) Ja, das stimmt schon. Wobei ich auch nichts gegen den körperlichen habe. Das kommt dann noch, wenn ich meine altersweisen Filme drehe. Teil zwei meiner Karriere. (lacht)