Olga Grjasnowa
„Die Macht und der Verstand sind noch immer primär männlich konnotiert.“
Zur Person
Olga Grjasnowa wurde am 14.11.1984 in eine jüdische Familie in Baku, Aserbaidschan, hineingeboren und kam als Kind im Alter von elf Jahren in die Bundesrepublik. Ab 2005 studierte sie zunächst Kunstgeschichte und Slawistik in Göttingen, wechselte dann aber in Deutsche Literaturintitut nach Leipzig, wo sie 2010 einen Bachelor in ‚Literarischem Schreiben’ erhielt. Aktuell studiert sie Tanzwissenschaft in Berlin. Sie spricht drei Sprachen, erhielt mehrere Stipendien – u.a. von der Rosa-Luxemburg-Stiftung – und erhielt einen Dramatikerpreis für ihr Debütstück „Mitfühlende Deutsche“. Für ihren Debütroman „Der Russe ist einer, der Birken liebt“ wurde sie ebenfalls mehrmals ausgezeichnet. Im Herbst wird ihr zweites Buch erscheinen „Die juristische Unschärfe einer Ehe“. Darin erlebt eine junge Frau die finsteren Zustände in ihrer aserbaidschanischen Heimat.
21.04.2014, Berlin. Olga Grjasnowa sitzt daheim auf einem Sofa, hinter sich ein russisches Filmplakat. Sie sieht jünger aus als auf den Pressefotos, mädchenhaft mit offenem Haar und konzentriertem Blick. Grjasnowa ist noch keine Dreißig und gilt derzeit als eines der größten literarischen Talente im Land. Im Gegensatz zu anderen Autoren mit russisch-jüdischem Hintergrund, ist Grjasnowa jede heimelige Folklore und die deutsche Saturiertheit fremd. Ihr Blick auf die Themen, die fast immer im Raum stehen, wenn man als Deutscher eine Person mit jüdischem Hintergrund interviewt, bleibt distanziert.
Frau Grjasnowa: Wie wichtig ist Schönheit bei Schriftstellerinnen?
Olga Grjasnowa: Ich fürchte: Um einiges wichtiger als für männliche Autoren. Für das Schreiben selbst spielt es keine Rolle, aber für das Marketing ist es ein großer Vorteil und wird ausgeschlachtet. Ich glaube, Frauen haben generell eher das Problem, dass man sie nicht ernst nimmt. Die Macht und der Verstand sind noch immer primär männlich konnotiert.
Wenn man schaut, wer Literaturwissenschaft an der Uni studiert, da dominieren aber doch eher die Frauen.
Aber wer am Ende die Dozentenstellen bekommt, wer Professor wird, das sind die Männer.