Mina Ahadi
„Hören Sie auf zu verharmlosen!“
Zur Person
Mina Ahadi kam 1956 im iranischen Abhar zur Welt und lebte bis zu ihrem 19. Lebensjahr in einem streng islamischen Dorf. Ihr Studium musste sie aufgrund ihrer Arbeit als politische Aktivistin aufgeben, über politische Organisationen fand sie den Weg in den Untergrund. 1980 wurde ihr Mann verhaftet und hingerichtet, sie floh in den Untergrund nach Teheran und von dort weiter in den kurdischen Teil des Iraks, wo sie zehn Jahre als Partisanin bei der kommunistischen Untergrundorganisation Komalah verbrachte. 1990 ging sie ins Exil nach Wien, 1996 zog sie nach Köln, wie sie den Zentralrat der Ex-Muslime, das Internationale Komitee gegen Steinigung sowie das Komitee gegen Todesstrafe gründete. Ahadi lebt mit ihrer Familie in Köln und zuckt mit den Schultern, wenn man sie darauf anspricht, dass sie in Iran weiterhin zum Tode verurteilt ist.
15.09.2016, Köln. Mina Ahadi betreibt eine gefährliche Arbeit. Mit dem von ihr gegründeten Zentralrat der Ex-Muslime unterstützt sie Menschen, die dem Islam abschwören wollen. Die politische Aktivistin, die vor über 30 Jahren aus ihrer Heimat Iran flüchtete, nimmt kein Blatt vor den Mund. Sie erklärt, warum die Kopftuchdebatte keine kulturelle, sondern eine politische Diskussion ist oder wieso das viel zitierte „Multikulti“ zum Scheitern verurteilt ist. Besonders eindringlich geraten ihre Berichte, wenn sie von ihrer eigenen Geschichte erzählt – bis hin zur Hinrichtung ihres Ehemanns und dem Leben als Partisanin im Untergrund.
Frau Ahadi, wie sind Sie zu unserem Termin gekommen?
Zu Fuß, aber wie immer zu früh. Heute fast eine Stunde. Das ist eine Gewohnheit von mir, denn in meiner Jugend unter einer Diktatur war jede Form von Termin mit dem Wissen verknüpft, dass man aufpassen muss. Man musste prüfen, ob die Umgebung sicher ist oder ungewöhnliche Menschen zu beobachten sind. Deswegen komme ich immer zu früh, laufe die Gegend ab und prüfe, ob ich etwas Verdächtiges beobachte.
Ist das natürliche Vorsicht, oder geht das schon in Richtung Paranoia?
Bei mir ist das reine Vorsicht, aber in meinem Bekanntenkreis und unter den Menschen aus dem islamischen Raum, die politische Arbeit leisten und schon in Gefängnissen saßen gibt es einige, die unter Verfolgungswahn leiden.