Martin Schoeller
„Alle Fotos lügen.“
Zur Person
Martin Schoeller wurde am 12.03.1968 in München geboren und wuchs in Frankfurt/Main auf. Nach dem Fotografiestudium in Berlin ging er 1992 in die USA, wo er drei Jahre lang als Assistent von Annie Leibovitz arbeitete. Danach fotografierte er für Magazine wie ‚Rolling Stone’, ‚Spin’ und ‚Newsweek’. Seit 1999 ist er zudem Vertragsfotograf beim ‚New Yorker’. Schoellers Porträtband „Close Up“ ist 2005 erschienen. Er lebt in New York, ist verheiratet und hat einen 24-jährigen Sohn in Berlin. Der unternehmungslustige Fotograf snowboardet, taucht und boxt, war schon auf Safari in Afrika und spielt seit einigen Jahren Klavier.
09.12.2005. Martin Schoeller ist bei der WM-Auslosung in Leipzig und hat direkt vor dem Interview Sportler wie Pele und Jürgen Klinsmann fotografiert. Um ihn herum herrscht geschäftiges Treiben, das Foto-Equipment muss abgebaut werden. Mittendrin findet Schoeller Zeit für ein Telefoninterview, ist hochkonzentriert und kommt auch nach kurzen Unterbrechungen stets auf die Frage zurück.
Herr Schoeller, was an Ihren Fotos sofort auffällt, sind die Augen. Warum ist das ein so wichtiger Teil des menschlichen Gesichts?
Martin Schoeller: Ich denke, dass der Gesichtsausdruck und die Lebenserfahrung sich am stärksten in den Augen und im Mund widerspiegeln. Deswegen lege ich meine Schärfe auch so, dass die Augen und der Mund scharf sind und der Rest des Gesichts fast ein bisschen durch Unschärfe abfällt. Ich habe eine Methode entwickelt, ein Gesicht so auszuleuchten, dass die Augen sehr hell werden und viel Licht abbekommen. Dadurch treten sie besonders in den Vordergrund und ziehen den Betrachter hoffentlich in das Gesicht hinein.
Was sagen Augen über eine Person aus?
Alles mögliche. Sie verändern sich ja ständig, ob man nun lacht, ernst schaut, traurig oder melancholisch ist. Ich frage mich öfter, was ein menschliches Gesicht überhaupt über den Charakter einer Person aussagt. Ich versuche, diese Frage auch innerhalb meiner Arbeit zu stellen.