Leon de Winter

Leon de Winter

„Die Götter können niemals Freunde werden.“

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24.09.2009, Santa Monica. Leon de Winter bittet zunächst um einen kleinen Aufschub – er muss noch einen Kommentar für eine Tageszeitung verfassen, die Deadline drängt. Danach nimmt er sich jedoch viel Zeit, um ein Thema zu erörtern, das er zum Diskussionskern fast aller seiner Romane gemacht hat: das Judentum in einer modernen Gesellschaft. Für sein Buch „Das Recht auf Rückkehr“ reist er dabei sogar in die Zukunft: Er entwickelt ein – höchst niederschmetterndes – Bild von Israel im Jahr 2024. Ergebnis: Die Juden werden, zumindest dort, keine Chance haben; ihren Lebensmut lassen sie sich trotzdem nicht nehmen. Ob dies seine tatsächliche Überzeugung ist, mit welchen Waffen man einen globalen Ethik-Kampf führen kann, wie viel Pragmatismus einem religiösen Glauben gut tut und warum sein Schreiben nicht nur stark biografische, sondern auch Züge des Notwendigen trägt, erklärt er in diesem Gespräch.

Mr. de Winter, wollte man nach einem Oberthema für dieses Interview suchen, so könnte man sagen: 3.000 Jahre globaler Judenhass.

Oha. Aber lassen Sie uns besser 6.000 Jahre sagen, dann trifft es den Kern noch genauer.

Mal ganz naiv gefragt: Musste es so kommen? Oder hätte man an irgendeiner historischen Stellschraube etwas drehen können, um den Juden zu einem anderen Status und Image zu verhelfen?

Ich denke nicht. Die Probleme begannen in dem Moment, als das Christentum den Status einer Weltreligion erlangte. Die damaligen Grabenkämpfe zwischen dem Judaismus und der Gefolgschaft dieses neuen Rabbis namens Jesus von Nazareth legten den Grundstein für alle Überwerfungen, mit denen wir bis heute zu kämpfen haben. Ab diesem Moment wurden die unüberbrückbaren Gegensätze zwischen dem Judaismus und dem Christentum stärker und breiter. Mit der flächendeckenden Verfolgung der Juden zu Zeiten des Römischen Reichs war sodann jede Chance auf eine friedliche, gütliche Einigung vertan. Die ersten intensiven Ausprägungen von Antisemitismus und Judenhass finden sich genau dort: in den zarten ersten Blüten des Christentums. Und es wäre wohl vermessen anzunehmen, dass sich an einem derart ausgeprägten völkischen Glauben etwas hätte ändern lassen. Die hässliche Fratze des Judenhasses gehörte bereits unmittelbar zu diesem frühesten Gesicht des Christentums.

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