Gregory Porter
„Mich interessiert der Rassismus in den Herzen.“
Zur Person
Gregory Porter (geboren am 4. November 1971 in Sacramento, Kalifornien) wuchs in Bakersfield und Brooklyn, New York, auf. Inspiriert von Stevie Wonder und Nat „King“ Cole begann er in seiner frühen Kindheit zu singen, zunächst im Gospelchor der Kirche, in der seine Mutter Pastorin war. Porter strebte eine Football-Karriere an, die er aber wegen einer Schulterverletzung beenden musste. 1992 starb seine Mutter an Krebs. Am Sterbebett hatte sie ihm geflüstert: „Sing, baby, sing!“ Daraufhin wandte sich Porter vollkommen der Musik zu. 2010 veröffentlichte er sein erstes Album „Water", das direkt für den Grammy nominiert wurde. Eine zweite Nominierung folgte 2012 für das zweite Album „Be Good“. Der internationale Durchbruch gelang ihm 2013 mit dem dritten Werk „Liquid Spirit“, das sich weltweit mehr als eine Million Mal verkauft hat und öfter gestreamt wurde als jedes andere Jazzalbum. Er lebt mit seiner Frau Victoria und dem Sohn Demyan in Bakersfield, Kalifornien.
25.01.2016, Berlin. Wer seine Stimme kennt, diesen Klang gewordenen Samtstoff, ist vielleicht weniger überrascht, aber selbst dann beeindruckt, wie Gregory Porter mit seiner Ruhe einen ganzen Raum ausfüllt. Wie ein altersweises Familienoberhaupt, das nichts mehr erschüttern kann, sitzt der Mann mit der Mütze im Sessel und gibt wohlformulierte Antworten. Die Themen sind dabei fast egal – ob Anekdoten aus seiner Kindheit mit sieben Geschwistern und einer predigenden Mutter, der Frage, was einen Mann zu einem Mann macht, oder Überlegungen zum real existierenden Rassismus in den heutigen USA: Man hört ihm gerne zu. Da Porter während des Gesprächs einen leichten Lunch zu sich nimmt, beginnen wir mit seiner zweiten großen Leidenschaft: dem Kochen.
Mister Porter, man erzählt sich, dass Sie ein ausgezeichneter Koch seien. Sehen Sie Parallelen zwischen einem gelungenen Gericht und einem gelungenen Song?
Absolut. Beides kann das Herz berühren, Erinnerungen aus der Vergangenheit wachrufen, einen einlullen oder verzücken. Oder einen dazu inspirieren, selber eine gute Suppe zu kochen oder einen schönen Song zu singen. Selbst die physische Komponente weist Parallelen auf: Jemandem einen Teller mit gutem Essen vorzusetzen besitzt eine ähnliche Kraft, Höflichkeit und Verbindlichkeit, wie demjenigen einen Song vorzutragen. Dann die Zubereitung: All die Gedanken, die man sich über die jeweiligen Zutaten macht, was man womit mischt – diese Prozesse sind beim Kochen und Musizieren absolut vergleichbar. Zumindest für mich. Sie haben damit im übrigen exakt die beiden Aspekte genannt, die für mein eigenes Leben die größte Rolle spielen.
Stimmen Sie bei der Kreation Ihre Zutaten auf den Geschmack derjenigen ab, die Sie damit erreichen wollen?
Das tue ich durchaus, wobei ich oft genug selbst dieser Adressat bin. Ich spreche dann zu mir selbst, trete in einen Dialog mit meinen eigenen Wünschen und Sehnsüchten. Davon abgesehen denke ich grundsätzlich viel über mein Publikum nach, ob nun jenes am Esstisch oder im Konzertsaal. Ich bin für eine Weile ihr „Chefkoch“ und stelle mich als solcher gerne in den Dienst derer, die ich mit meinem Tun beglücken möchte. Eine Message bringe ich dabei auch noch rüber und versuche, sie so geschmackvoll wie möglich zu verpacken.