Gerd Harry Lybke

Gerd Harry Lybke

Deutschlands einflussreichster Galerist vergleicht Kunst mit Marmelade: „Wenn du sie magst, und plötzlich steht sie nicht mehr auf dem Tisch, dann fehlt dir was.“

Zur Person

24.08.2007, Potsdam. Gerd Harry Lybke empfängt in seiner Ferienvilla am Griebnitzsee. Gut gelaunt, barfuß, in Shorts und Ringelpulli stellt er sich mit seinem Spitznamen Judy vor. Das Haus ist voll mit Freunden und Familie. Zum Interview nimmt der Galerist abseits des Trubels auf einer Holztreppe im Garten Platz.

Herr Lybke, wie hat sich der Stellenwert von Kunst in den letzten Jahren verändert?

Gerd Harry Lybke: Kunst ist heute weniger Statussymbol als früher, sondern eher ein Diskussionsangebot. Man kauft ein Werk, mit dem man sich identifiziert und das einen Gast anspricht, der zu Besuch kommt. Damit hat es etwas von einem privaten Altar. Das hat auch etwas damit zu tun, dass das religiöse Glaubensbekenntnis heute nicht mehr relevant ist, und Kunst als Glaubensersatz funktioniert. Bildende Kunst spielt heute die Rolle, die früher einmal der Musik vorbehalten war. In den Sechzigern ging es darum, ob du Beatles- oder Stones-Fan warst. Heute heißt es: Warst du auf der Biennale? Hast du die und die Ausstellung gesehen?

Befürworten Sie diese Entwicklung?

Ich finde das gut, ja. Es bricht diesen Elfenbeinturm auf, in dem Kunst lange zu Hause war. Bei einer Eröffnung kamen einst fünf gute Freunde und drei Sammler, die entschieden: kaufen oder nicht kaufen. Jetzt, wo die Türen offen und die Hemmschwellen weg sind, wird über die Arbeiten wieder diskutiert. Kunst ist damit in einer Weise politisch geworden, wie sie es nie zuvor gewesen ist. Durch ihre Präsenz gewinnt sie plötzlich Einfluss auf die Gesellschaft.

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