Dr. Yael Adler

Dr. Yael Adler

„Wer zu viel seift, stinkt.“

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  • Nils Stelte
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10. August 2017, Berlin. Die Dermatologin und Bestsellerautorin Dr. Yael Adler empfängt uns in ihrer Privatpraxis am Rande des Grunewalds. Wer hier wohnt, ist ganz gut bei Kasse, die Patienten von Dr. Adler kommen nicht nur zur Krebsvorsorge, sondern auch für kosmetische Korrekturen. Mit vereinzelten Botox-Behandlungen hat die Hautärztin kein Problem. Mit den unzähligen Cremes und Tinkturen, mit denen wir unsere Haut pflegen, jedoch schon: Für Dr. Adler, deren Buch „Haut nah“ wochenlang in der Bestsellerliste stand, ist das alles viel zu viel. Im Interview plädiert sie dafür, die Haut einfach mal in Ruhe zu lassen – und erklärt, was das größte Organ mit der Liebe zu tun hat und warum Schamhaare und Schweiß geniale Erfindungen sind.

Frau Adler, haben wir heute ein umgekehrtes Hygieneproblem?

Ja, wir sind so reinlich und gepflegt, dass wir unserer Haut schaden. Von Natur aus ist unsere Haut eigentlich geschaffen, sich selbst zu schützen und zu reinigen. Noch in meiner Kindheit in den 70er Jahren war es üblich, eine ganze Woche nur mit Katzenwäsche auszukommen und dann am Sonntag in den Zuber zu springen. Heute ist es hingegen die Regel, ein bis zwei Mal täglich zu duschen und dazu Duschgel, Bodylotion und ganze Armeen weiterer Spezial-Cremes von Kopf bis Fuß zu verwenden. Und dann wundern sich die Menschen darüber, dass sie ständig Juckreiz oder Ekzeme haben. Erst heute hatte ich eine Patientin bei mir, bei der plötzlich Warzen an Füßen und Händen sprießen. Gemeinsam fanden wir heraus, dass sie neuerdings eine gängige Desinfektionssalbe benutzt, mit der sie ihr eigenes Mikrobiom – das sind unsere schützenden Türsteher-Bakterien – systematisch abgetötet hatte.

Liest man Ihr Buch, könnte man auf den Gedanken kommen, Sie führten einen Feldzug gegen die gesamte Kosmetik-Industrie. Zugespitzt sagen Sie: Nichts davon hilft, das meiste schadet.

Ich rede nicht gegen die Kosmetik-Industrie, sondern für die Haut. Dennoch ist es die Wahrheit, kaum etwas hilft, das Meiste schadet. Tatsache ist, dass schon das zu häufige Händewaschen für die Haut zu viel des Guten ist. Durch das ständige Waschen und Seifen entziehen wir der Haut ihre körpereigenen Fette – also spannt sie, und wir haben das Bedürfnis, uns mit minderwertigen Industriefetten eincremen zu müssen. Würden wir stattdessen diese Schutzfette nicht dauernd wegwaschen, bräuchten wir auch keine fettende Creme. Eigentlich sind diese körpereigenen Fette also die beste Hautcreme, die man finden kann – man muss diese Fette eben nur auch dort belassen, wo sie hingehören.

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