Christoph Bex und Sebastian Koerber

Christoph Bex und Sebastian Koerber

„Es steckt mehr hinter unserer Arbeit, als nur ein bisschen zusammen Fußball zu spielen.“

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  • Marina Weigl
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Zur Person

19.05.2016, Köln. Das Büro des gemeinnützigen Unternehmens RheinFlanke liegt an einem sehr kölschen Ort: direkt unter der Severinsbrücke. In den Büros der Geschäftsführer Christoph Bex und Sebastian Koerber: Fanschals des heimischen FC und der Fortuna. Und Schalke. „Meine Söhne sind Fans“, verteidigt sich Bex. Fußball ist das große Thema der RheinFlanke: Im öffentlichen Auftrag organisiert das Team Sportprojekte für Flüchtlinge und sozial benachteiligte Jugendliche. Zu den Förderern zählen Lukas Podolski, Cordula Stratmann oder Tom Bartels. Im Gespräch hält sich König Fußball zunächst zurück. Bex und Koerber schlagen den großen Bogen – und wundern sich, wie es kommen konnte, dass sie als Sozialarbeiter plötzlich Sympathien für Kanzlerin Merkel und Kardinal Woelki hegen.

Herr Bex, Herr Koerber, Mitte Mai frohlockten Horst Seehofer und Markus Söder in ungewohnter Eintracht, die Willkommenskultur in Deutschland sei endlich beendet. Man hatte fast den Eindruck, die beiden CSU-Politiker feierten den Sieg über eine Krankheit. Wie ging es Ihnen, als Sie das hörten?

Christoph Bex: Deutschland ist zweigeteilt. Das erzeugt Spannung. Und das ist nicht nur schlecht. Es gibt – und das erleben wir bei unserer Arbeit – sehr viele engagierte Bürger, die sehr kreativ und ideenreich Hilfe leisten. Diese Leute setzen sich für ihren Stadtteil und die Flüchtlinge, die dort leben, ein. Im Grunde ist das ein klassisches gesellschaftliches Engagement, mit dessen Fehlen wir vor fünf oder zehn Jahren noch gehadert haben. Jetzt beobachten wir es wieder, die Gesellschaft bewegt sich. Das ist klasse.

Schmerzt es Sie nicht, wenn nicht nur von so genannten Wutbürgern, sondern auch aus einer Partei heraus, die Teil der Regierung ist, der Begriff der Willkommenskultur diffamiert wird?

Bex: Diese Gegenbewegung passiert halt. Das meine ich mit der Spannung: Es entsteht eine Art Wettstreit der Meinungen und Haltungen, und die jeweils andere muss man bis zu einem gewissen Grad aushalten. Vor allem aber muss man über das, was die beiden Lager trennt, diskutieren. Aber klar, die Willkommenskultur als besiegelt zu erklären, ist als Aussage Quatsch.
Sebastian Koerber: Da stimme ich zu, denn ich möchte immer in einem Land leben, in dem jeder, der aus welchen Gründen auch immer mit guten Absichten zu uns kommt, willkommen geheißen wird. Das ist für mich eine humanistische Haltung und die darf man gerade nicht in einem Moment aufgeben, in dem Menschen zu uns kommen, weil sie zu einem Großteil vor Bürgerkrieg und Terror flüchten.
Bex: Immerhin kommt diese, ich will es mal vorsichtig formulieren, dem Fremden nicht zugewandte Haltung, jetzt ans Tageslicht. Zu denken: Wenn ich in der Öffentlichkeit keine rechtsgerichteten Ressentiments höre, dann gibt es diese auch nicht, ist erwiesenermaßen falsch. Politikwissenschaftler gehen davon aus, dass in Deutschland 20 bis 25 Prozent der Bürger ein geschlossenes Weltbild haben, das dem Fremden grundsätzlich skeptisch gegenübersteht. Das war immer schon so und wird wohl immer so sein. Nur, dass wir es jetzt klar erkennen.

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