Bruce Lundvall
„Jazz ist die vermutlich letzte aufrichtige Kunstform in der populären Musik.“
Zur Person
Bruce Lundvall, geboren am 13.09.1935 in Englewood, New Jersey, absolvierte ein Studium der Betriebswirtschaftslehre, bevor er nach einer kurzen Laufbahn bei den amerikanischen Streitkräften 1960 bei Columbia Records anfing. Schon damals lebte Lundvall seine Vorliebe für den Jazz aus und förderte den Ausbau der Jazz-Sparten bei den verschiedensten Labels, bis er 1984 bei EMI landete und dort die Führung des Jazz-Unterlabels Blue Note übernahm. Unter seiner Leitung verpflichtete Blue Note beispielsweise Norah Jones, Cassandra Wilson und Wynton Marsalis. 2009 wurde der Bruce Lundvall Award ins Leben gerufen, dessen erster Preisträger Lundvall selbst war und welcher die Akteure ehren sollte, die sich besonders um den Jazz verdient gemacht haben. Der Musikproduzent lebt mit seiner Frau und seinen drei Kindern in Wyckoff, New Jersey.
30.01.2009, Paris. Als Bruce Lundvall erfährt, dass wir mit diesem Gespräch einen großen Rundumschlag über die Geschichte des Jazz planen, nickt der Chef des wohl wichtigsten Jazz-Labels ‚Blue Note’: „Ich werde mich beeilen.“ Nach 70 Minuten wasserfallartigen Erzählens greift er sich nach der letzten Frage ans Herz und sagt: „Ich bin stehend k.o. Und ich brauche einen Drink.“
Mr. Lundvall, mit Blick auf 70 Jahre Blue Note und die lange Geschichte des Jazz: Glauben Sie, dass Jazz resistenter gegen Krisen ist als Rock- oder Popmusik?
Bruce Lundvall: Ich glaube schon. Alle Künstler des Genres nehmen ihr Schaffen zu jedem Zeitpunkt sehr ernst. Sie verstehen es als ihre Arbeit. Die Historie des Jazz wächst daher dank der großen Kontinuität im Schaffen der Protagonisten weiter. Das Ergebnis ist eine Dichte an künstlerischer Qualität, wie ich sie in anderen populären Musikstilen nicht finde.