Alice Schwarzer
„Bei Männern macht Macht sexy. Frauen nimmt man Macht übel.“
Zur Person
Alice Schwarzer (geboren am 03.12.1942 in Wuppertal-Elberfeld) wuchs bei ihren Großeltern auf, ihre 22 Jahre alte unverheiratete Mutter hatte eher den Status einer großen Schwester. Nach der Bombardierung von Wuppertal verbrachte sie frühe Jahre in der fränkischen Provinz, 1950 zog die Familie zurück in die Stadt. Mit 16 schloss sie die Handelsschule ab, arbeitete in diversen Büros. Mit 21 beschloss sie, Journalistin zu werden. Sie studierte in Paris, begann 1966 ein Volontariat bei den Düsseldorfer Nachrichten, ging 1969 als freie Korrespondentin erneut nach Paris. Dort wurde sie eine Pionierin der Frauenbewegung, die Ideen exportierte sie nach Deutschland. Ihr Buch „Der feine Unterschied“ wurde ein Bestseller, 1977 erschien die erste Ausgabe ihrer Zeitschrift „Emma“. Als medienwirksame Aktivistin für die Frauenbewegung zählt Alice Schwarzer zu den bekanntesten deutschen Frauen. Sie lebt zumeist in Köln, gerne aber auch Paris und Berlin.
7. Mai 2018, Köln. Der Bayenturm am Rhein hat fast 800 Jahre auf dem Buckel, ist Teil der mittelalterlichen Stadtbefestigung von Köln. Seit 1994 ist das Gemäuer in Frauenhand: Die Stiftung „FrauenMediaTurm“ unterhält ein Doku-Zentrum zur Frauenbewegung, auf einer Etage entsteht die Zeitschrift „Emma“. Das Büro der Chefin ist ein offener Raum für die Meetings, ein kleinerer für ihre Schreibtätigkeiten. Es ist warm, der Rhein fließt träge. Am Vormittag war Alice Schwarzer noch im Fernsehen, jetzt freut sie sich aufs Interview, begrüßt mit „Hallo, Herr Kollege!“ Das Aufnahmegerät läuft schon, sie sagt: „Herrlich, direkt los, ohne Geplänkel.“ Das Gespräch beginnt bei der Institution Alice Schwarzer, endet bei ihren Kachelmann-Kommentaren für die „Bild“. Dazwischen: De Beauvoir und Sartre, Konflikte innerhalb des Feminismus, ihre Kindheit bei den Großeltern.
Frau Schwarzer, Sie haben einmal festgestellt, dass es Sie gleich doppelt gibt. Einmal Alice Schwarzer, den Menschen. Und dann Alice Schwarzer, die Institution. Ist das ein Fluch oder ein Segen?
Eigentlich eher ein Fluch. Ich besitze ja keine institutionelle Macht, habe keinen Posten, niemand hat mich gewählt. Ich stehe ganz für mich alleine, das ist schon manchmal ein heißer Job. Und: Eine Art Institution zu sein engt mich ein. Ich verliere an Freiheit.
In welcher Hinsicht?
Ich bin ganz offensichtlich eine Freundin des offenen Wortes, aber ich muss mich schon manchmal fragen: Kann ich das, was ich sagen will, wirklich sagen? Ich muss nämlich davon ausgehen, dass meine Aussage eine Wirkung haben wird, die ich eigentlich gar nicht beabsichtige. Jeder Gedanke, den ich habe, verhundertfacht sich in seiner Kraft, wenn ich ihn ausspreche. Diesen Umstand bedenken zu müssen macht mich ein wenig unfrei.