GALORE Nr. 20 ist seit heute im Handel erhältlich

Viele Visionen und dennoch gesund: GALORE-Chefredakteur Oliver Uschmann führt Sie durch die neue Ausgabe.

Vom legendären Altkanzler Helmut Schmidt stammt der berühmte Ausspruch: "Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen." Hätte er damit Recht gehabt, müssten einige der Gesprächspartner unserer aktuellen Ausgabe bald das Wartezimmer bevölkern. Der Philosoph und Titelheld Richard David Precht zum Beispiel, der ein radikales Bild der nahen Zukunft zeichnet: In nur "zehn bis 15 Jahren" sieht er selbstfahrende Autos von Google auf den Straßen, die deutsche Industrie am Boden, "50 Prozent der Dax-Konzerne" von der Bildfläche verschwunden und die "Hälfte der Bevölkerung" arbeitslos. Eine Situation, die aus seiner Sicht auch Gutes hervorbringen kann: Das bedingungslose Grundeinkommen etwa als alternativlose Maßnahme für den Zusammenhalt der Gesellschaft oder das auf mittelfristige Sicht günstiger zu produzierende Laborfleisch, für das kein Tier mehr sterben muss. Der Physiker Metin Tolan, der die Utopien von "Star Trek" auf ihre Machbarkeit untersucht, schaut noch weiter in die Zukunft. Er sieht "in 200 Jahren" sämtliche "Sprachbarrieren" durch perfekte Echtzeit-Übersetzungs-Technik gefallen und außerirdisches Leben bewiesen - wenn denn genug Geld in die entsprechenden Expeditionen investiert wird. Nur das "Beamen" und den "Warp-Antrieb" können wir uns wohl auf ewig abschminken...

Eine Vision hatten und haben wir auch bei der Neuausrichtung des Magazins, die mit dieser Ausgabe eine Feinjustierung erfährt. Zahlreich sind Sie unserer Aufforderung nachgekommen, Ihre Meinung zum Relaunch zu äußern. Per Zuschrift, per elektronischer Post oder sogar persönlich am Stand auf der Frankfurter Buchmesse. Dem Bedauern aller Fans des Pocketformats, doch weiterhin ein kleines Heft zu machen, können wir aus den bereits erläuterten Gründen der Sichtbarkeit im Handel nicht nachgeben. Den Wunsch, die Seele des Magazins - das Interview - weiterhin in den Vordergrund zu stellen, kommen wir allerdings nach: So haben wir den Umfang des Kulturteils massiv reduziert und uns auf eine große Reportage konzentriert, um Ihnen wieder eine Menge ausführlicher Wortlautgespräche bieten zu können. Darunter: Der argumentative Zweikampf zwischen Marcus Ertle und Sascha Lobo um die Fragen der Meinungsfreiheit und der Political Correctness in Zeiten von Shitstorms und sozialem Empörungs-Mobbing. Die Aufklärung der investigativen Journalistin Eva Müller über die wenig bekannte Paralleljustiz der katholischen Kirche. Das Loblied von Schauspielerin Johanna Wokalek auf die Epoche der deutschen Romantik, deren Autoren heute kaum noch gelesen werden. Und: Eine spannende Begegnung mit Sting, dessen Anekdote über seine Begegnung mit Baschar al-Assad, bevor dieser sein Amt als syrischer Präsident eigentlich widerwillig antrat, sehr aufschlussreich ist.

Ich freue mich daher, mich mit einer ganz besonders inhaltsreichen und anregenden Ausgabe als Chefredakteur von Ihnen verabschieden zu können, die Sie gerne all Ihren Lieben als Bonus mit unter den Weihnachtsbaum legen dürfen. Ab Anfang des Jahres werden Hannah Heubel, Nils Klein, André Boße und Herausgeber Michael Lohrmann dafür Sorge tragen, dass GALORE sechs Mal im Jahr erscheint – mit deutlich gesteigertem Umfang. Ich widme mich fortan wieder primär dem Bücherschreiben und sicherlich hier und da auch erneut spannenden Gesprächspartnern - am liebsten denen mit den ganz großen Visionen.

Ich wünsche Ihnen ein schönes Weihnachtsfest und einen wunderbaren Rutsch ins neue Jahr!

Oliver Uschmann (Chefredakteur)