Sven Giegold

Sven Giegold

„Frustration ist nur eine Ausrede, um sich nicht mehr zu engagieren.“

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31.03.2014, Brüssel. Termine, Verhandlungen, kurzfristig anberaumte Pressekonferenzen. Das Gespräch mit Sven Giegold, Grünen-Spitzenkandidat für die Europawahl, muss dreimal verschoben werden. Der vierte Versuch klappt dann per Telefon. Giegold zieht sich mit seinem Handy in den Flur vor seinem Brüsseler Büro zurück. Dort hat er Ruhe – bis eine Kollegin vorbeikommt, der es Spaß macht, seine Ausführungen zu kommentieren und sich kurz in das Interview einzumischen. „Das kommt hier öfter vor“, sagt Giegold. Kurz gelacht, und weiter geht’s: Klartext zu brisanten Themen wie der Stellung und Relevanz des Europa-Parlaments, Regulierung des europäischen Finanzwesens und dem Kampf gegen kaum aufzubrechende Bollwerke der Lobbyisten.

Herr Giegold, Sie sind 2008 von Attac zu den Grünen gewechselt und wurden kurz danach Europa-Abgeordneter. Wie sieht Ihre Bilanz aus nach fünf Jahren im EU-Parlament?

Sven Giegold: Ich habe eine Demokratieerfahrung gemacht, die erstaunlich positiv war. Die Entscheidungsstrukturen im EU-Parlament sind offener, als ich vorher gedacht hatte. Wer Engagement und Fachkompetenz mitbringt, wird gehört. Das gilt besonders im Ausschuss für Wirtschaft und Währung, in dem ich sitze. Da gab es eine Umbruchsituation nach der Krise, viele marktliberale Gewissheiten wurden erschüttert, wir konnten ein hohes Tempo gehen und sehr viele Gesetze für die Finanzwirtschaft durch die Reformmühle ziehen. Es gibt einen großen legislativen Fußabdruck, den ich miterreicht habe.

Zum Beispiel?

Dass die größten Banken der Eurozone jetzt unter Kontrolle der Europäischen Zentralbank stehen und dass dabei das Europaparlament starke Kontrollrechte bekommt. Bei dieser Reform gibt es ganze Abschnitte im Gesetzestext, die aus meinem Büro gekommen sind. Ein anderes Thema, mit dem ich mich beschäftigt habe, ist der Verbraucherschutz bei Finanzprodukten. Da haben wir erreicht, dass in Zukunft vor variablen Zinsen und Fremdwährungskrediten gewarnt werden muss. Mit solchen Produkten wurden Millionen Haushalte, vor allem in Osteuropa, in die Überschuldung getrieben. Dass das nun schwieriger wird, ist ein großer Fortschritt. Aber die Reform der Finanzmärkte ist noch lange nicht abgeschlossen. Da haben wir noch viele dicke Bretter zu bohren.

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