Julia Friedrichs

Julia Friedrichs

„Die Elite lebt in einer Art Parallelwelt.“

Zur Person

04.03.2008, in einem Hörsaal der Freien Universität Berlin. Julia Friedrichs kommt 45 Minuten zu spät zum Interview, aber in ihrem Blick liegt eine so große Entschuldigung, dass man ihr nicht böse sein kann. Zu Hause gab es einen Wasserrohrbruch, dann fuhr statt der U-Bahn ein Schienenersatzverkehr. Die Elite, mit der sich Julia Friedrichs beschäftigt, wäre sicher Taxi gefahren.

Frau Friedrichs, vor drei Jahren haben Sie sich als Journalistikstudentin bei der Beraterfirma McKinsey beworben. Ein halbes Jahr waren Sie in dem weltweit härtesten Auswahlverfahren und hätten anschließend einen Vertrag über 67.000 Euro Gehalt pro Jahr plus Dienstwagen unterschreiben können. Sie haben abgelehnt – und jetzt ein Buch über Eliten geschrieben. Warum?

Julia Friedrichs: Angetrieben zu dem Buch haben mich Sorge und Neugier. Was ich bei McKinsey erlebt habe, hat mich nicht mehr losgelassen. Ich wollte wissen, ob deutschlandweit der Gedanke gilt, den ich in der McKinsey-Welt gehört habe: „Zum Wohle der Allgemeinheit ist es die Aufgabe der Gewinner, die Verlierer anzutreiben, zur Not auch auszusortieren.“

Was genau haben Sie bei McKinsey erlebt?

Nach meiner Bewerbung wurde ich zu einem viertägigen Luxus-Assessment-Center eingeladen, um McKinsey kennen zu lernen. 120 Studenten aus ganz Europa flogen Business nach Griechenland. Wir kamen in ein Fünf-Sterne-Hotel, wobei jeder Student seinen eigenen Bungalow mit Blick aufs Meer hatte. McKinsey hatte Jachten gemietet, mit denen wir durch die Ägäis segeln konnten und abends wurde ein DJ aus Athen eingeflogen. Tagsüber hatten wir Seminare, in denen uns gesagt wurde: „Ihr seid brillant! Ihr könnt Europas nächste Führungskräfte werden!“ Schon am dritten Tag merkte ich, wie ich anfing mich zu verändern. Ich hätte nie gedacht, dass das so schnell geht.

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