Jürgen Vogel
„Ich habe Gefühle schon immer größer empfunden als andere.“
Zur Person
Jürgen Vogel wurde am 29.04.1968 in Hamburg geboren. Sein Vater war Kellner, seine Mutter Hausfrau, seine Kindheit nach eigenen Angaben nicht immer leicht. Er arbeitete früh als Kindermodel, brach die Schule ab und zog mit 15 Jahren aus dem Elternhaus aus. Vogel besuchte für einen Tag die Schauspielschule in München und zog 1985 nach Berlin, in eine WG mit dem Schauspieler Richy Müller. Der Durchbruch gelang ihm 1992 mit Sönke Wortmanns „Kleine Haie“. Inzwischen hat er an rund 100 Filmen mitgewirkt, zu den bekanntesten zählt „Der freie Wille“, in dem er einen Vergewaltiger spielt. Vogel erhielt zahlreiche Auszeichnungen, unter anderem den Silbernen Bären und den Deutschen Filmpreis. Er ist außerdem als Produzent, Drehbuchautor und Sänger tätig. Der fünffache Vater lebt mit seiner Familie in Berlin. Aktuell ist er im Kino an der Seite von Moritz Bleibtreu in Maximilian Erlenweins Film „Stereo“ zu sehen – ein knallharter Psychotrip und grandios durchkomponierter Thriller mit Aktion und Tempo, wie man sie kaum im deutschen Kino findet.
Der 06.11.2005 ist ein kalter, aber sonniger Sonntag in Berlin. Nach dem Foto-Shooting folgen wir Jürgen Vogels Jaguar-Cabrio nach Charlottenburg. Bei feinstem Brunch, Tee und O-Saft in einem seiner Lieblingslokale sprechen wir über drei Themen, die ihm liegen: Gespräche, Geschwindigkeit und Autorität.
Jürgen, in einem der zahllosen Interviews der letzten Zeit sagten Sie: „Gespräche sind wie Pflaster.“ Demnach müssten Sie sich im Moment wie eine gut verpackte Mullbinden-Mumie fühlen.
Jürgen Vogel: (lacht) Jau, ich bin mittlerweile komplett zugeklebt. (überlegt) Es ist aber ein Unterschied, eine Sache zu präsentieren oder ein gutes Gespräch zu haben.
Sind gute Gespräche das probateste Mittel, um Wunden zu heilen? Oder gibt’s noch andere?
Ja, Gespräche sind schon das Wichtigste. Mich wundert das manchmal, wie Menschen so durch die Welt gehen, große Probleme haben – und noch größere Probleme, einfach mal mit nahestehenden Menschen darüber zu reden. Gerade im heute so genannten Kommunikationszeitalter ist das doch erstaunlich. Du kannst immer und überall auf Hunderte Arten miteinander kommunizieren, aber die Leute reden nicht mehr miteinander. Das ist schon irre. Das große Problem daran ist, dass das vielen einfach nicht bewusst ist. Man muss lernen und trainieren, Gespräche auch mal durchzuhalten, ohne immer gleich eine Verteidigungsposition einzunehmen.